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Landru
Gelehrter / Gelehrte
Beiträge: 403
Registriert: Mo 7. Jun 2010, 02:16

#976

Beitrag: # 54341Beitrag Landru »

An einem noch unbekannten Ort

Der Parasit hatte sich verausgabt. Er verlor die Kontrolle über die Gefangene. Das machte nichts. Sie war zumindest dort wo er sie haben will. Trotzdem wird er sie nicht unterschätzen, er war einmal dummerweise auf jemanden reingefallen, der wie leichte Beute wirkte. Sich dann als äußerst wehrhaft entpuppte. Oh dieses Mal wird es nicht so einfach sein. Wer weiß, vielleicht war die Priesterin am Ende ihrer Reise angekommen. Ein unrühmliches Ende, wohl wahr, aber ein Ende. Egal wie sich ein Beutetier wünscht, es könnte seinen Tod wählen, am Ende wird es vielleicht einfach nur gefressen, egal wie aufrichtig es geglaubt hatte. Während sie sich kurz orientierte und seine Worte wohl begriff tanzten seine Finger über die Gittertür des anderen Käfigs.

Der Bewohner des Käfigs verdrehte die Augen in einer Apathie von Schmerz. Kein Ton kam von den Lippen und die Tränen waren ausgeweint. Was gäbe er davon erlöst zu werden von dem Dasein das keines war. "Das hat er auch gesagt." Meinte er leise und schob die klauenartigen Finger in das Haupthaar des Mannes. Zog dessen Kopf leicht in den Nacken. "Mit sehr viel Überzeugung, vielleicht .. glaubt ihr es sogar, wenn ihr euch das lange genug einredet." Die Lippen verzogen sich zu einem animalischen Lächeln, als wüsste er, dass es sowieso nur eine Lüge war, bis der Schmerz die blanke Wahrheit verriet. Der Mann tat nichts. Nicht mal der Mundwinkel oder ein Augenlid zuckte, er war einfach nur noch existent, aber nicht mehr wirklich am Leben. Innerlich war er bereits tot. Er entließ den Kopf des Mannes wieder. Strich prüfend über die grotesken Auswüchse die durch die Gitterstäbe sich wie Würmer schlängelten um in der Masse zu verschwinden. Er drehte sich ein und schloss die Käfigtür wieder. Er schloss sie aber nicht ab, das war bei dem Mann unnötig geworden.

"Anbeten? Es ist mir ehrlich gesagt egal." Er hob leicht die Schultern. Ein leichtes funkeln zog durch die Augen. "Ich finde es amüsant wie sehr ihr versucht mein Selbstwertgefühl anzugreifen. ihr seid nicht mutig genug, ihr habt zu wenig Einfluss, ihr erzwingt was ihr nicht freiwillig haben könnt." Wiederholte er mit leicht vorwurfsvoll vertonter Stimme. Es klang fast spöttisch. "Ich bin einfach nur nicht dumm, Tanuri. Ihr habt euch verweigert und das könnt ihr tun, was an meinen Plänen nichts ändert. Hättet ihr zugesagt.. nun ja, dann hätte ich euch was genommen und dannach hättet ihr gehen können. Möglicherweise hätte ich euch tatsächlich helfen können was eure kleine Vermisste angeht, aber.. nein, ihr wolltet nicht. Ihr seid stolz und stur und das kostet euch jetzt alles." Er strich sich über die Lippen und fletscht einen Moment die Zähne. "Ja, Zwang! Die ganze Welt besteht aus Unterwerfung. Dominanz und Unterwerfung, der ewige Kreislauf. Fressen und gefressen werden." Er machte eine Pause und wiegte den Kopf. "Ich bin niemand der glaubt sich profilieren zu müssen oder der euch was beweisen muss. Ich muss nicht dummen Mut beweisen, wenn ich einfach warten kann bis ihr durstig und hungrig und total übermüdet seid. Das ihr nicht mal mehr in der Lage seid einen Stift zu halten, also auch nicht mehr irgendwelche Zauber zu weben. Zwang ist das Recht des Stärkeren." Er lächelte sogar ein wenig. Wohl hatte er auch einige Male gegen seinen Willen Dinge tun müssen, die er sicher als nicht angenehm empfand. Oh, wie er die Argumente kennt, er hatte sie auch schon verwendet. Für den der an der Position des 'momentan Unterlegenden' stand, war es das einzige was bleibt als an eine gewisse Moral zu appellieren. Überlebenswille, Selbstwertgefühle, Selbsterhalt.. wie viel steckte davon in der Priesterin?

Er wandte sich wieder um an einen der Schränke zu verweilen. "Ihr habt es immer noch nicht verstanden. Der Begriff Gott ist für euch so unsagbar wichtig. Aber ihr begreift nicht das dieses Wort für andere.. völlig Bedeutungslos ist. Habt ihr je in Erwägung gezogen, dass jemand sich Gott nennt, weil es euch einfach so wahnsinnig aufregen könnte? Nein? Oh.." Er schmunzelte. Dann strichen die Finger über die Regale. "Ich glaube er weiß das ich das nicht tun würde. Und das ist vermutlich eines der wenigen Dinge wo ich sehr sicher sein kann, dass er es weiß. Ihr werdet die Beziehung zur Blutslinie noch verstehen sobald ihr selbst ein Teil des Kollektivs geworden seid. Eine Primitive Art zu existieren aber doch eine Art." Die Hand griff nach metallischen Klammern, die irgendwie ziemlich grobschlächtig wirken, aber so klein waren das es gut sein konnte, dass man damit Arterien abklemmen würde. Sie landeten mit einem leisen Klirren auf dem Seziertisch. "All diese Instrumente, geschaffen von Menschen um .. Menschen aufzuschneiden und zu zerlegen mit der Absicht sie zu heilen. Vermutlich hat hier mal eine Art Arzt gewohnt." Er dachte darüber nach. Während die Finger die Klemmen ergründen. Formerei braucht Zeit und daher war er auf ein paar Hilfsmittel angewiesen, wenn sie ihm nicht gleich verbluten soll.

"Ich könnte euch auch sterben lassen. Aber... eure Einbindung in das Kollektiv.. brächte mir sicher ein paar interessante Informationen." Er schnalzte leise und die Hand deutete einen Moment herum. Wie groß mag das ganze sein? Auf jedenfalls war es bestimmt unglaublich erstrebenswert Teil dieser organischen Welt zu werden, nicht wahr? "Ich mochte unsere Unterhaltungen." Warum eigentlich? Sie waren kalt, abweisend und herablassend gewesen.  "Da fällt mir ein... ihr habt noch was was mir gehört."

Er betrachtete die Priesterin und dieses mal merkt sie wie sich die Fäden und Verbindungen des kleinen Ding in ihrem Nacken lösen. Es ist nicht nett, als würde jemand beschließen mit ihren Nervenbahnen Harfe zu spielen. Aber zumindest löst sich das Ding. Es sucht sich den nächsten Weg hinaus aus ihrem Körper und flüchtet in die organische Masse sofern die Priesterin es nicht zertritt oder zerschlägt.

Langsam trat er an ihren Käfig. "Was mir mehr Sorgen machen würde, wer wird euch suchen? Und selbst wenn sie es tun, werden sie es rechtzeitig schaffen? Vielleicht aber seid Ihr ihnen egal geworden. Vielleicht kommt es ihnen sogar gelegen, wenn ihr verschwindet. Wer weiß, die interne Kommunikation scheint nicht ganz so .. harmonisch, wie wir ja bereits wissen." Der Blick glitt kurz durch den Raum. "Und ihr sorgt euch um meine Beziehung zu meinem Vater. Sehr .. aufmerksam." Erneut wendet er sich den Schränken und Regalen zu. Es folgten kleine Phiolen, mal mit mehr mal mit weniger Flüssigkeit gefüllt. Auch sie finden den Weg zum Tisch.
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Sohn seiner Lordschaft Kain und der Lady Enoia Vykos
"Es widerspricht meiner Moral, mich an eure zu halten!"
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Syndra
Dorfältester / Dorfälteste
Beiträge: 115
Registriert: Fr 27. Mär 2020, 20:37

#977

Beitrag: # 54342Beitrag Syndra »

Sollte es die Erzmagierin überraschen? Auf einmal wurden sie alle schnell und sogar die Obrigkeit selbst erhob sich aus ihren kuschligen Sesseln, die sie zu ihren Wohlfühlzonen erkoren hatte. Selbstverständlich, wenn man für sich darin so urplötzlich einen Sinn erkannte. Einen Zweck, den man nutzen konnte. Es war beinahe erheiternd, wie sie, wie kleine Raubtiere angekrochen kamen, um die Beute zu umkreisen. Ein letztes Zucken auszumachen.

„Da sind die Aaskrähen schon, alter Mann.“ Flüsterte Syndra ihm nur leise zu, während sie einen verirrten Tropfen mit dem Tuch von seinem Kinn wischte. Lorenas herrische Stimme war nicht zu überhören, ebenso wenig wie ihr fester und zielstrebiger Gang.

„Berechenbar bis ins Mark.“Das süffisante Lächeln auf ihren Lippen, das sie Stellan schenkte, bewies, wie beeindruckt sie tatsächlich über die plötzliche Aufmerksamkeit und das schnelle Handeln war. Sacht strich Syndra mit ihrem Handrücken die aschgrauen Strähnen aus seinem Gesicht strich.

Die Male am Hals zeigten, dass es wohl einen Kampf gegeben hatte. Eine Einwirkung von roher Gewalt, welche durchaus kräftezehrend gewesen sein musste. Ihre Augen strichen über die Rötungen an seiner Kehle hinweg, zu seiner Brust. Noch atmete er. Flach, aber Atem war Atem. Wenn er noch ein wenig durchhielt, würde sicher auch ein Medicus oder Heiler eintreffen. Ob dies in Syndras Sinne war, oder nicht? Lorena hatte dahingehend sicherlich ihre eigene Meinung, auch wenn diese vielleicht ein wenig irritiert sein mochte durch das Handeln der Erzmagerin. Aber wie gut kannten sie sich wirklich?

Unter einem Seufzen straffte Syndra ihren Körper und schlug ihre Beine übereinander, als Lorena neben ihr zum Stehen kam. War es doch beinahe unheimlich, dass sie sich die Reaktion selbst gedanklich schon im Vorfeld hatte ausmalen können. Es war so ernüchternd. Nur einem kühlen Wimpernschlag wandte die Magierin ihren Blick auf Lorena. Das Lächeln auf ihren Lippen erstarb im selben Moment, da sie ihre Züge der Inquisition zuwandte.

„Wäre in diesem Moment nicht erst einmal die korrekte Frage, wie es ihm geht, Lorena?“ Ihr Tonfall blieb ruhig, doch schwang ein kalkulierter Unterton mit, der durchaus jeden daran erinnern sollte, dass der Körper noch nicht einmal erkaltet war, sondern noch immer ein schwaches Leben in ihm pulsierte.

Vielleicht war der Tod sogar eine Gnade für den Mann. Sein eingefallenes Gesicht ließ keinen Zweifel, in welchem Lebensabschnitt er sich befand. Dennoch gab es weder Brandspuren noch Wunden, die einen Rückschluss auf weiteren Einfluss von Außen geben sollten. Sein Zustand konnte viele Ursachen haben. Sicherlich auch eine Machtdemonstration oder ein Versuch, die Legion einzuschüchtern, was aufgrund der Würgemale unter seinem Kragen aus Syndras Sicht nicht unwahrscheinlich war. Vielleicht hatte man ihn aber auch als Anhänger des Lords hierher gebracht, um ihn im nicht auf der Straße verenden zu lassen.   

Lorena wollte eine Antwort, wer dahintersteckte? Woher der Mann kam und was geschehen war? Die Antwort lag direkt vor ihr. Allerdings hatte Syndra das Gefühl, dass es Lorena gar nicht wirklich darum ging.Warum sonst setzte die Inquisitorin nicht alle Hebel in Bewegung, damit jemand dem erlischenden Lebensfunken noch einmal zu entflammen versuchte?

Vermutlich hatte sie bereits schon einen Schuldigen im Visier. Oder nicht? Es lag fast nahe, dass dieser erbärmliche, verängstigte Stallbursche Lorena bereits brühwarm von dem blonden Mann erzählt hatte. Nicht dass sein Handeln ein weiteres erbärmliches Zeugnis wäre, aber das war nur ihre persönliche Meinung. Es wäre schon von bezeichnend , welchen Loyalitäten und Prioritäten das Gesindel folgen würde, wäre er schneller zur Inquisition gelaufen, als dem Sterbenden von den Treppen fortzuschaffen und einen Heiler zu rufen. Allerdings würde es sie wundern? Immerhin hatte der Bursche sich auch eher um die alte Mähre gekümmert, als um den Mann.

Dabei ließ sich wohl kaum bestreiten, dass, sofern ein Medicus in der Lage war, den geschundenen Körper und die Seele dahinter einzufangen, der Mann selbst für die Inquisitorin die beste Informationsquelle wäre. Ein unnötiges Detail vermutlich im Hinblick darauf, dass ihre Gildenschwester unmittelbar mit ihren hypothetischen Fragen und Forschungen begann und nicht zuletzt sicher auch schon jemanden in Verdacht hatte. 

„Auch wenn du vielleicht recht behalten magst, dass es eine Machtdemonstration war, frage ich mich, wieso niemand direkt einen Heiler gerufen hat und selbst du mehr Interesse dafür zu hegen scheinst, jemanden an den Galgen zu führen, als deinen Kronzeugen selbst zu retten.“ Erklärte sie mit kühler Überheblichkeit, die einzig der trockenen und sehr einseitigen Betrachtungsweise Lorenas galt. Was die Priesterin wohl darüber denken mochte?

Wahrhaft beeindruckend für jemanden, der sich als ein neutrales, glaubenstreues Medium ansah, dass Syndra versucht war Beifall zu klatschen für die enorme Weitsicht. Doch setzte sie klare Prioritäten und dachte vielmehr über den Moment selbst hinaus. Es würde sich schon zeigen, wer Wasser predigte und am Ende selbst Wein soff.

„Lasst ihn sterben und uns jemanden suchen, der dafür an den Galgen wandert? Ist dies nun deine neue Handlungsweise?“  Ohne auch nur ansatzweise ihre Worte durch das Heben oder Senken ihrer Stimme emotional oder gar provokant zu untermalen, war es nur ein kurzer bedauernder Glanz, der sich über das klare Blau ihrer Augen hinweglegte. Ein Aufblitzen, das mit deutlichem Kalkül dahinter nur darauf wartete, dass ein Name unmittelbar fallen würde. Es war schließlich nur eine Frage der Zeit, wann man mit dem Finger auf Naheniel zeigen würde.

„Aber um deine Fragen zu beantworten, weder weiß ich, was mit ihm geschehen ist, noch habe ich einen Verdacht, wer dahintersteckt. Aber mit  ein wenig Glück, kannst du ihn das vielleicht selbst noch fragen.“
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Tochter des Erzmagus Vaboris van Darc & Miradoria
~ Erstgeborene & rechtmäßige Erbin des Hauses van Darc ~
~ Schwester der Nymeria var Aesir ~ Mitglied der
Legion des Schattens ~

Wir können zwar das Blut nicht leugnen, aber es ist an jedem selbst zu entscheiden, wie viel Macht oder Einfluß man diesem gewährt die Gegenwart noch zu beeinflußen. ~
❖Niemand kann sehen, was verborgen liegt. Niemand vermag es zu stehlen, was dir gehört.❖
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Liadan Al Saher
Kräuterkundiger / Kräuterkundige
Beiträge: 18
Registriert: So 25. Jul 2021, 20:15

#978

Beitrag: # 54343Beitrag Liadan Al Saher »

Zögerlich stand Liadan mittlerweile vor Adrians Tür. Nichts war auch nur irgendwie so verlaufen, wie sie es sich vorgestellt hatte. Ursprünglich war ihr einziger Fokus gewesen, Freya zu finden und sie sicher nach Hause zu bringen. Diese verdammten Wurzeln in diesem verdammten Wald. Hätte sie nur besser auf ihre Schritte geachtet, wäre das Mädchen vielleicht bereits bei ihr. Aber stattdessen fand Liadan sich nun wieder hier, zurück in einer Welt, aus der sie zwar nicht entstammte, die ihr aber eine Heimat geworden war.  

Heimat, Familie und Freunde - alles, was sie dort, woher sie kam, nie erleben durfte. In dieser Welt, die keine einladende Idylle war, sondern eher ein düsterer Albtraum, der aus den abnormen und dunkelsten Ecken eines kranken Geistes entsprungen war und seinen dunklen Schatten über alles Leben warf, nur um es nach Lust und Laune zu verschlingen. Alles dort war bedrohlich, angefangen bei den grauen Bäumen, deren verzerrte Äste wie die Klauen eines Ungeheuers in den HImmel ragten, bereit, ihr nächstes Opfer zu fangen und es sich einzuverleiben. 

Und auch alle anderen Gestalten, die in dieser Welt ihr Dasein fristen mussten, waren Gefahr und Risiko für den noch gesunden Verstand. Nichts war in dieser Welt so, wie es auf den ersten Blick schien, weshalb ein jeder Schritt der letzte sein konnte. Liadan hatte seit ihrer Kindheit gelernt, damit umzugehen. Das war eine unabdingbare Notwendigkeit, wenn man überleben wollte. Trotzdem war sie überglücklich gewesen, als sich die Gelegenheit bot und sie an der Hand ihres Mannes aus dieser gottverlassenen Kreation flüchten konnte. 

Nun aber stand alles auf der Kippe und schwankte gefährlich. Liadan hatte es nicht geschafft, Adrians Bitte zu erfüllen und schon allein deshalb fühlte sie sich wie eine Verräterin. Was aber war die Alternative gewesen? Sich dem Bischof einfach auszuliefern, löste das Problem nicht. Wenn er sie gefangen hielt und wieder an das alte Leben band, gab es für sie keine Möglichkeit, Freya nach Hause zu begleiten. Und Liadan kannte den Bischof lange genug, um genau zu wissen, dass seine Drohung wohl überlegt war. Schweren Herzens und mit einem fürchterlichen Gefühl in der Magengrube musste sie Freya vorerst zurücklassen, in dieser Welt, die so gefährlich wie auch wandelbar war. Die Orte blieben nie gleich, veränderten sich und schneller, als man sich versah, baute sich aus dem, was gerade noch konstant wirkte, etwas vollkommen Neues. Nichts, was unbedingt hilfreich dafür war, wenn man jemanden suchen und finden musste. 

Liadan wusste nicht, wie viel Zeit ihr noch blieb, bis der Pakt, den sie einst für die Liebe ihres Lebens geschlossen hatte. Die Sanduhr war tückisch und unberechenbar. Aber ganz gleich, was sie erwartete, wenn sie nicht schnell genug des Bischofs Forderung erfüllten, stünde sie nochmals vor der Entscheidung einen Weg zu wählen, ihre Wahl fiele wieder auf Verlion. Jede Minute, die sie mit verbracht hatte, war ein unerwartetes Geschenk gewesen, für das sie zutiefst dankbar war. 

Beherzt, aber dennoch leise klopfte sie gegen die Tür Adrians, doch es folgte keine Antwort. Nochmals klopfte sie und wartete einige Herzschläge ab. Mist noch eins. Wenn er nicht da war, verkomplizierte es die Dinge noch mehr. Als Bognerin und Spurenleserin besaß sie zwar unter anderem die Fähigkeit des Aufspürens, aber ihr Schwager beherrschte die Kunst, sich zu verbergen auf eine Weise, die sie nicht nur manchmal frustrierte. 

Mit einem resignierten Seufzen drückte sie die Türe auf. Natürlich zog sie die Möglichkeit in Betracht, dass sie störte, aber unter den gegebenen Umständen hoffte sie, dass er es ihr verzeihen würde. Gerade als sie über die Schwelle treten wollte, spürte sie die dunkle Magie Adrians, die sie wie eine unsichtbare Mauer zurückhielt. "Ach komm schon, immer noch so misstrauisch gegenüber allen?" Leicht schüttelte sie ihren Kopf und ein amüsiertes Schmunzeln umspielte ihre zart geschwungenen Lippen, als sie ihre Hand hob und die unsichtbare Barriere berührte, die sich wie schwarzes Eis auf ihre Haut legte. "Schon gut, schon gut.." 

Den geschulterten Bogen lehnte sie an den Türstock, genauso wie den Köcher, den sie von ihrem Rücken löste. "Besser so?" Fragend richtete sie ihr Wort gegen die Leere vor ihr und wagte einen zweiten Versuch, den Raum zu betreten. Wie erwartet, war die zuvor nicht sichtbare, dafür undurchdringliche Wand zu einem tänzelnden Hauch geworden, der durch ihre geflochtenen Haare strich. "Danke, sehr zuvorkommend."

Die Heiterkeit aus ihrer Stimme verschwand aber, als sie erkennen musste, dass Adrian tatsächlich nicht hier war. In diesem Fall wäre es ihr wesentlich lieber gewesen, sie hätte ihn, egal bei was, gestört. Verdrossen darüber, dass anscheinend gerade nichts so laufen wollte, wie es sollte, wollte sie schon kehrt machen, um eine wahrscheinlich sehr mühsame Suche nach ihm zu beginnen. Dann aber vernahm sie ein Klopfen. Mit vor Verwunderung gerunzelter Stirn sah sie sich genauer um und entdeckte nach weiteren lauten Klopfgeräuschen eine Krähe an einem der Fenster. 

"Du gehörst eigentlich nicht hierher." Liadan öffnete dem Tier und strich über dessen gefiederten Kopf. Sofort streckte es ihr ein Bein entgegen, an dem sich ein zusammengerolltes Pergament befand. Die Bognerin griff danach und bemerkte, dass es sich um keine Nachricht für Adrian handelte, sondern die Rolle das unversehrte Siegel der Al Sahers trug. Seltsam, wusste sie doch, dass Verlion und sein Bruder zumeist schnellere Wege der Kommunikation nutzten. Außerdem war der Vogel, der nun eine weiße Feder aus seinem Schnabel fallen ließ und wild mit den Flügeln schlug, ohne sich dabei aber in die Luft zu erheben, eindeutig jener der Priesterin. "Ja doch….wenn Du nicht still hältst, kann ich Dir den Brief auch nicht abnehmen." 

Mit der weißen Feder in ihrer behandschuhten Schusshand, brach sie mit der anderen das Siegel, entrollte das kleine Pergament und überflog die wenigen Zeilen, die gewiss nicht an sie gerichtet waren. "Das darf nicht sein." Besaßen die Götter tatsächlich Humor, war dieser nicht besonders gut. 
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***  Eheweib des Verlion Al Saher *** 

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-Freya-
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#979

Beitrag: # 54344Beitrag -Freya- »

Freya hielt ihre Augen geschlossen und ließ sich von der Dunkelheit umfangen. Ein dämmriger Lichtschein, der durch ihre Lider hindurchdrang und in eine Finsternis überging. Wie konnte das alles nur wahr sein?

Ein oder zwei Atemzüge lang driftete alles um sie herum scheinbar in unendliche Ferne ab. Weit weg, in ein Nirgendwo. Ein dunkler Ort, wo das leise Flüstern des Katers sie dazu ermahnte, still zu sein. Ein Wispern, das fast real wirkte. So als würde sie ein Fellbüschel auf ihrer Haut spüren können. Ein seichtes Kitzeln, das jedoch unmöglich echt sein konnte

Freya spürte ihr Herz in der Tiefe ihrer Brust schlagen. Ein Flüstern, ein Pochen, ein Pulsieren, welchem sie lauschte. Nichts und niemand würde sie hier herausführen. Weder Mensch noch Reichtümer. Ob der Kater hier war oder es nur eine Sinnestäuschung war, war gleich. Die Worte waren das entscheidende. Die Erkenntnis, dass es nur einen Weg für sie gab.

Diese Welt war kalt und verdorben. Ein schlichter Alptraum, der sie immer weiterquälen würde, bis sie sich fügte. Jeder Hoffnungsfunke verbrannte unmittelbar immer wieder in ihren Händen und jeder Funken Vertrauen zerbrach wie zarte Asche vor ihren Augen. Es blieb ihr nur die Akzeptanz.  Hier war sie ein niemand. Gefangen und ein Teil einer Welt, die sie nicht verstand, aber in der sie lernen musste, zu überleben.

Ruhig atmete Freya aus, als Milla sich neben sie setzte. Sie konnte die Bewegung der Polster ebenso spüren, wie die Wärme, die von dem Körper der jungen Frau ausströmte. Eine Wärme, die ihr zeigte, wie bitterkalt ihr bei dem Gedanken war, was man ihr noch abverlangen würde. Sicher lag es nicht in Millas Absicht, doch klangen ihre Worte, als wäre ihre Zukunft bereits unerbittlich in Stein gemeißelt. Kalt und herzlos. Ihrer Freiheit scheinbar beraubt, erklärte man sie offenbar zu einem Besitz.  Eine Vorstellung, die sie innerlich frösteln ließ.

Eine Kälte, die sich von innen heraus ausbreitete, während ihre Gedanken wild umherirrten und sich unter den Worten ihrer ‚Schwester‘ überschlugen. Große Auktion. Allein die Vorstellung widerte sie an und sie spürte, wie bittere Galle in ihr aufstieg. Verächtliche Blicke, die sie von oben bis unten musterten, ihre Zähne begutachteten und...

Scharf sog das Mädchen die Luft ein, als sie urplötzlich ein beißendes Gefühl unter ihrer Haut spürte und sie kurz nur zusammenzucken ließ. Unerwartet übermannte es sie mit dem Stechen, als würde etwas mit Nadel und Faden all das wieder zusammenfügen, was zuvor zertrennt worden war.

Abrupt öffneten sich ihre großen Augen, nur um unmittelbar Milla anzusehen, deren Hand über ihrem Bauch schwebte. Das goldene Licht schimmerte in ihren Augen und Freya spürte, wie der Schmerz schwand, um einer beruhigenden und wohltuenden Wärme zu weichen. Die junge Frau heilte sie. Sie konnte das Kribbeln auf ihrer Haut spüren. Doch war es nicht das, was Freyas Aufmerksamkeit unmittelbar auf sich zog.

„Dein Gesicht?“ flüsterte Freya erschrocken. Ihr Blick lag auf den Zügen der jungen Frau, deren Rötung im Gesicht mit jedem Moment da sie ihre Gabe nutzte, anwuchs. Doch zu welchem Preis? Warum hatte sie das getan? Hatte die Gräfin sie dazu gezwungen?

„Das wollte ich nicht.“ Ungläubig wanderten die Augen des Mädchens über das Narbengeflecht hinweg, als sie beinahe versucht war ihre Hand nach ihr auszustrecken. Niemals hätte sie das in Kauf genommen. Doch bevor sie ihren Gedanken selbst in die Tat umsetzen konnte und ihre Finger sich regten, erklang ein stumpfes Pochen.  

Freya fühlte nur, wie sich ihre Nackenhaare aufstellten. Ungewollt spannte sich ihr Körper an. War es eine Einbildung oder Wirklichkeit? Erneut hallte das Klopfen durch das Haus und Freya sah nur, wie Milla sich unmittelbar erhob.

Der Schauer, der ihren Körper überflog, war einfach nur eisig. Alles krampfte sich in Freya zusammen, während, sie zusah wie die junge Frau sich aufgerichtete neben das Sofa stellte.  ~Sie will dich begutachten~ hallte es in ihrem Kopf wider. Verunsichert fuhr sie sich über die Lippen. Es gab keinen Ausweg.

~Ich weiß, dass Du nicht hier sein willst. Aber für jetzt musst Du das akzeptieren. Deine Rolle hier einnehmen und sie annehmen.~ Hörte sie unterbewusst Naheniels Stimme. Nur in ihren Gedanken hörte sie seine Stimme. Worte, die sie im Wald vor dem Tod bewahrt hatten und auch wenn sie tief in sich nur Wut und Schmerz mit ihm verband, war er es, der sie gesprochen hatte.


Ihre Augen strichen abermals über Milla hinweg ~Na komm.~ Es war ein kleines Lächeln, dass Freya ihr zuteilwerden ließ. Eines, das nicht wirklich Wärme in sich trug, doch strahlte es eine flüchtige Dankbarkeit für das, was die junge Frau für sie getan hatte, doch wagte sie es nicht länger es auszusprechen. Nicht jetzt - nicht hier.

Disziplin. Unvermeidbar hatte Freya gelernt, sich zu beherrsche.  Auch wenn es eine der schlimmsten Zeiten für sie gewesen war, so hatte Tanuris Verschwinden sie vieles gelehrt. Sie hatte ihre Rolle angenommen und versucht Stärke zu beweisen, selbst als sie keine mehr hatte. Doch ein einzelner Moment der Schwäche hätte alles wofür sie einstand und woran sie glaubte zum Einsturz bringen können. Bedingungslos hatte sie sich an den Glauben geklammert. Den Glauben an Ogrimar, den Glauben, dass sie einen Weg finden würde.

Demut Entschlossenheit Hingabe. Sie wusste um die Bedeutung selbst und doch zog es ihr die Eingeweide bei dem Gedanken zusammen, jemand anderem als dem Lord selbst zu gehören und jemandem zu dienen, der nicht nach seinem Willen und Geboten handelte.

Vorsichtig ließ Freya ihre Beine von dem Sofa gleiten, sodass ihre Füße den Boden berührten. Sie spürte bei der Vorstellung daran allein eine aufsteigende Übelkeit in ihrem Inneren aufkommen, doch es führte nur ein Weg hindurch und nicht hinaus.

Erneut hörte sie die Stimme aus ihrer Erinnerung. Eine Stimme, die sie nicht hören wollte und doch waren auch jetzt seine Worte ein Rat, der ihr schon einmal das Leben gerettet hatte.  ~Lass Dich nicht von Deinen Gefühlen kontrollieren, sondern kontrolliere Du sie.~

Unmittelbar erhob sich auch Freya, bevor sie ihre Wimpern senkte, nur um es Milla gleichzutun.  Aufrecht stand sie neben ihr. Das schwarze Haar fiel über ihre Schultern hinweg und legte sich schützend ein wenig über ihre Blöße hinweg, wie ein tiefer Schatten. Zittrig holte sie Atem. Kleider, die sie glattstreichen sollte, hatte sie nicht. So straffte sie lediglich ihren kleinen Körper, um dennoch eine gewisse Form von Würde und Stolz zu zeigen, ehe sie ihre Hände wie es verlangt wurde, mit dem Handrücken nach oben ausstreckte. Keine Schwäche…
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♦ Stolze Tochter ihres Ziehpapas Ninian Chakai & ihrer Ziehmutter Caidith Chakai ♦
♦ Kleiner Keks ihrer großen Ziehschwestern Mahaba, Namayah, Lysiana & ihres möglicherweise fiesen Ziehbruders Liam Chakai ♦
Adeptin der dunklen Kirche Ogrimars unter ihrer Mentorin Tanuri 


Geboren aus dem Wissen einer dunkler Vergangenheit - verblaßt mein altes Leben im Schatten einer neuen Zeit
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Adrian
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#980

Beitrag: # 54345Beitrag Adrian »

Adrians Räume lagen stets in einem Zwielicht, das selbst das eindringende Tageslicht nicht zu durchdringen schien. Selbst wenn die Vorhänge zur Seite geschoben waren und der bleiche Schein der Sonne durch die Fenster drang, blieb ein Großteil des Raumes in undurchdringliche Schatten gehüllt. Alles schien einer akribischen Ordnung zu folgen, sodass man dem Glauben erliegen sollte, dass jeder noch so lautlose und bedachte Schritt auf eine Weise Spuren hinterlassen könnte.

Unbemerkt und lautlos sammelten sich die Schatten an den Wänden. Eine wachsende Dunkelheit, welche sich auf einen Punkt konzentrierte und die Struktur der Steine schwinden ließ und die Struktur der Steine schwinden ließ, je mehr sich das Zentrum aus reiner Finsternis manifestierte. Kaum wahrnehmbar breitete sie sich aus, von Schwingungen durchzogen, die die Materie um sich herum ignorierten und sich in feinen Ringen ausbreiteten, um jemanden oder etwas aus dem Nichts in die Dunkelheit des Raumes freizugeben.

Was ihn herführte, wie lang er schon da war, nachdem Liadan sich einmal herumgedreht hatte oder wie lange er sie beobachtete, wusste nur er allein. Ob dies vor oder nach dem Erscheinen der kaiserlichen Jägerin geschah?

Die Dunkelheit erhob sich über Liadan, während sie sich für einen Herzschlag auf das Pergament in ihrer Hand konzentrierte. Von einnehmender Düsternis umgeben, senkte sich das Licht, während die Kälte der Finsternis wie körperlose Hände über ihre Haut strichen, nur um sich immer greifender um sie herum zu legen.

Deutlich war der Kontrast zu Adrians warmer Stimme, die sich bedrohlich nah an ihr Ohr legte. „Was für ein selten gewordener Gast in meinen Räumen.“ Sein warmes Flüstern war von beherrschter Ruhe und doch lag eine dunkle Präsenz darin verborgen, die einer Warnung gleichkommen sollte. Mit einer einzigen Fingerbewegung ließ er die Tür leise, aber hörbar ins Schloss gleiten. „Guten Abend, Prinzessin.“

Sein Schatten schwebte über Liadan hinweg und hüllte ihre Silhouette unter seiner kühlen und doch zugleich körperlosen Berührung ein. Schützend und dennoch bedrohlich, auf welche Weise man es betrachten wollte, konnte die Dunkelheit von einem Moment auf den anderen so vieles einfach verschlingen und in ewiger Vergessenheit verschwinden lassen.

„Nur du und ich. Ungestört. Es macht dir doch keine Angst oder versetzt dich in Unglauben.“ Ein anmaßendes Lächeln stahl sich provokativ auf seine Lippen und schlich sich deutlich mahnend in die Klangfarbe seiner von Düsternis behafteten Stimme. Ruhig und einnehmend sprach er weiter, ohne dass die Dunkelheit, die sich berührungslos über sie gelegt hatte, an kühler Bedrohung verlieren sollte. „Was darf nicht wahr sein, Liadan? Dass du meine Briefe liest etwa?“

Auch wenn seine Beherrschtheit etwas anderes vermitteln mochte, so verkörperte die unheilvolle Präsenz in seiner düsteren Aura, welche sich langsam von der Jägerin lösen sollte, spürbar die Missbilligung für das Herumschnüffeln in seinen Räumlichkeiten. Nicht einmal die Prinzessin. „In dem Fall werde ich dir nicht widersprechen, Prinzessin.“

Mit einem kleinen Zucken in seinen Mundwinkeln wandte Adrian sich herum, nur um sich des schwarzen Mantels zu entledigen, den er auf sein Bett warf, ehe er schweigend an den Tisch am Kamin herantrat. Auch wenn ihm derartige neugierige Übergriffe in seine privaten Angelegenheiten missfiel, gab es andere Dinge, die im Augenblick mehr Aufmerksamkeit erforderten.

„Seit wann bist du zurück?“ Unbestritten war der Dunkelmagier erleichtert sie zu sehen, auch wenn ihr alleiniges Erscheinen bereits für ihn wie ein Vorbote für weniger erfreuliche Nachrichten war. Ohne jedoch voreilige Schlüsse zu ziehen, überließ er es seiner Schwägerin in jeder Weise für Aufklärung zu sorgen.

Adrian wandte sich der kristallinen Flasche zu, welche noch zur Hälfte befüllt war. Lautlos entfernte er den Stopfen, um zwei Gläser mit je einem Fingerbreit des goldschimmernden Inhalts zu füllen.

Bedenken darüber, dass er ihr einen Vorwurf machen würde, musste sie ihm gegenüber nicht haben. Adrian wusste, wie schwer es war, in einer solch inkonstanten Welt, die zumeist nur Gedeih und Verderben kannte, etwas zu finden. Eine Sphäre, in welcher die Loyalität von Verbündeten sich einzig dadurch auszeichnete, wie gewaltig der Hass oder Rachedurst gegen ihren Schöpfer war. Es war wie eine Nadel im Heuhaufen.

Dennoch hoffte er, dass Liadan wenigstens ein paar Informationen hatte sammeln können. Anhaltspunkte, mit denen sie die notwendigen Schritte planen konnten, um die Adeptin zu finden, bevor er es tat.

Herausfordernd hatten sich seine Augenbrauen in die Höhe geschoben und seine Stirn dabei in seichte Falten gelegt, als Adrians Blick sich wieder der Frau seines Bruders zuwandte. Sein Kopf hatte sich leicht in die Schräge gelegt, während ein düsterer Glanz in seinen Augen musternd über Liadan hinwegfuhr, um ein Anzeichen dafür aufzufangen, inwiefern ihre Suche erfolgreich gewesen war.

„Konntest du etwas in Erfahrung bringen?“ Einladend deutete Adrian mit einem Nicken auf die Gläser, nur um selbst nach einem der beiden zu greifen und den Inhalt kurz zu schwenken, während das Schaben der Krallen des Vogels auf dem Fensterbrett immer wieder die Stille durchdringen sollte.

Für den Moment eines Herzschlags strich sein kühler Blick zu der Krähe hinüber. Noch immer war das Tier spürbar aufgeregt. Unruhig zuckte sein gefiederter Kopf unruhig umher und seine Flügel spreizten sich in bedrohlichen Gebärden, als würde er um Aufmerksamkeit ringen. War seine Botschaft von bedeutender Relevanz?
Es war ein kühler Lidschlag, unter dem er unmittelbar seine Aufmerksamkeit wieder auf die Jägerin legte. Sie hatte die Zeilen noch in der Hand und der Unglaube darüber, was sie scheinbar gesehen hatte, schwebte noch immer im Raum.

„Oder willst du mir zuerst erzählen, was in dem Brief stand?“
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Liadan Al Saher
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#981

Beitrag: # 54346Beitrag Liadan Al Saher »

Mit einem tiefen Seufzen betrachtete sie das Pergament und die Feder in ihren Händen. Wie sehr wünschte sie sich in diesem Moment, beides nicht gesehen zu haben. Stattdessen könnte sie sich jetzt im Schneidersitz auf Adrians Bett niederlassen oder sich gemütlich auf "ihrer" Seite ausstrecken, wie sie es schon so oft getan hatte, während sie an ihnen vorbeirasende Stunden miteinander verbrachten und sich nicht selten bis tief in die Nacht hinein austauschten oder einfach nur gemeinsam schwiegen. Das nämlich konnte sie mit Adrian immer noch am Besten und genoss es immer wieder, wenn sie beide die Zeit dafür fanden.

Meistens trank Liadan dabei nicht mehr als ein Glas von dem schweren Whiskey, den ihr Schwager in seinem Zimmer bereithielt, da sie das Zeug einfach nicht vertrug. Verlion erinnerte sie nur zu gerne mit einem schelmischen Grinsen aber auch mahnend daran, mit welch dickem Kopf, geschwollenen Augen und fürchterlich schlechter Laune er sie aufgegabelt hatte. Mürrisch war sie ihm in das eigene Gemach gefolgt und ließ sich in jener Nacht von ihm ins Bett bringen.

"Habe ich die Al Saher Prüfung bestanden?" hatte sie ihn noch mit pelziger Zunge und flauem Magen gefragt, während sie mit zerknittertem Gesicht zu ihm aufsah. Mit einem milden Lächeln und vergnügtem Ausdruck hatte Verlion ihr einen Kuss auf den schmerzenden Kopf gegeben und ein leises und zärtliches: "Ach, meine Prinzessin…" geflüstert.


Seitdem bevorzugte Liadan einen Becher warmer Milch mit Honig, den sie sich aus der Gildenküche von Mila holte, bevor sie sich leise zu Adrian schlich und es sich bei ihm in einem der großen Leinenhemden ihres Mannes gemütlich machte. Sie genoss es, Zeit mit ihrem Schwager zu verbringen, trotz seiner eisernen Ruhe, die ihre Geduld nicht selten auf die Probe stellte. Die lebhafte und manchmal unüberlegt hitzköpfige Art ihres Mannes war da wesentlich einfacher für sie zu handhaben, aber letztendlich schätzte sie die Vorzüge von beiden und liebte sie, jeden für sich, innig.

Verlion war es gelungen, sie im Augenblick ihrer ersten Begegnung zu erobern und nur ihm gehörte seit diesem Tag ihr ganzes Herz. 
Egal, was auch geschehen mochte, ob sie diese Welt verlassen musste oder bleiben durfte, sie würde ihre Liebe nie wieder auf diese Weise einem anderen Mann schenken. 

Für Adrian hingegen empfand sie wie für einen großen Bruder, der sie beschützte und auf sie acht gab, selbst dann, wenn es nicht nötig war. Und Liadan war ohne nachzudenken bereit, dasselbe für ihn zu tun, denn das war es, was Familie ausmachte.

Umso schwieriger fiel es ihr, sein charmantes Auftreten nicht mit einem schiefen Lächeln und mahnendem Finger zu kommentieren und das Wiedersehen zumindest ein klein wenig zu genießen. Diese Zeit sollte ihnen einfach nicht vergönnt sein. 

Liadan trat auf ihn zu, erhob sich auf ihre Zehenspitzen und gab ihm einen sanften Kuss auf seine Wange, der bereits jetzt davon zeugte, dass sie sich schrecklich schuldig fühlte. Für einen Moment ließ sie sich von seiner dunklen Aura einhüllen, denn sie kannte die Wirkung von dieser nur zu gut und für den Augenblick konnte sie durch diese vergessen, was das kurz zuvor noch ungelesene Pergament bedeutete. Adrians Magie und die Dunkelheit in seinem Wesen konnte auf ganz unterschiedliche Weise wirken und sehr einnehmend sein. Wenn man zu seinen Freunden zählte, musste man so manches Mal ganz genau aufpassen, sich von dieser nicht zu schnell entwaffnen zu lassen und ihr zu erliegen. Für Feinde aber war sie gnadenlos und grausam, ohne Mitleid oder Zurückhaltung. Liadan wusste genau wovon sie sprach, denn Adrian und sie hatten schon mehrmals Seit an Seit gekämpft.  

"Was in dem Pergament steht, weißt Du bereits."

Sie ließ sich wieder zurück auf ihre Füße und legte das Schriftstück und die Feder vor ihn auf den Tisch neben dem Kamin. Mit einem entschuldigenden Blick sah sie zu ihm auf und obwohl sie wusste, dass die Schuld, die sie empfand, nicht ihre war, wurde sie von dieser dennoch überwältigt.

Wäre sie doch nur schneller gewesen und hätte Freya bereits gefunden und nach Hause gebracht, bräche nun nicht auch noch diese Welt über ihren Köpfen zusammen.
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Lorena
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#982

Beitrag: # 54347Beitrag Lorena »

In den Hallen der Legion

Ganz so, wie Lorena es von ihrer Gildenschwester erwartet hatte, reagierte jene mit einer für sie so typischen Arroganz, welche schon
von je her ihres Gleichen gesucht hatte. Als könne die Inquisitorin eins und eins nicht zusammenzählen offerierte Syndra ihr das
Offensichtliche. Übersah in ihrer Überheblichkeit dabei jedoch Fakten, welche gleichermaßen nicht von der Hand zu weisen waren.


Im Augenblick mochte sich die Erzmagierin mit ihren aufopferungsvollen Gebaren hervortun, doch sollte sie an dieser Stelle nicht
vergessen, dass sie es gewesen war, die rein zufällig über den lädierten Kadaver gestolpert war. War ihr Handeln also wirklich ein
Zeugnis von Nächstenliebe oder versuchte sie gerade Beweise zu vertuschen?


Ob der Mann, der vor ihnen auf dem Tisch lag, wirklich ein sogenannter Kronzeuge war oder lediglich ein strategisch gut platzierter
Statist in einem perversen Komplott, war längst nicht bewiesen. Demnach war es für die Inquisitorin viel interessanter, wer der Fremde
war und wie es einem Unbekannten gelungen war, unbehelligt das Gelände zu betreten und es ungeschoren wieder zu verlassen zu können.
Hatte er möglicherweise sogar Hilfe?


„Sein persönliches Befinden ist meiner Einschätzung nach zweitrangig. Überlebt er es, werde ich ihm selbstredend einer Befragung
unterziehen.“
Immerhin musste der Verletzte nicht zwangsläufig ein schutzbedürftiger Anhänger Ogrimars sein. Der Schein konnte
auch trügen. Nur weil seine körperliche Verfassung aktuell mehr als erbärmlich war, konnte er genauso gut ein Verräter sein.


Ein weiterer knapper Blick auf das vermeintliche Opfer, bestätigte Lorena, dass sich dessen Brustkorb nach wie vor angestrengt hob
und senkte. Jeder Atemzug wurde von einem pfeifenden und röchelnden Geräusch untermalt, welches nichts Gutes verhieß.


„Wie kommst du zu der Annahme, dass es deiner Anwesenheit bedurft hat, einen Medicus zu konsultieren? Weißt du wie lange dieser
Mann schon auf den Stufen der Hallen verweilte?“
War es immerhin ziemlich anmaßend von Syndra davon auszugehen, dass jenes ohne
ihr zutun nicht geschehen wäre.


Auch wenn die Burschen im ersten Moment unbeholfen und kopflos agiert hatten, so hatte immerhin Mila, noch vor Syndras zutun, einen
Knecht in die Stadt geschickt, um einen Heilpraktiker heranzuschaffen und die Burschen dazu angetrieben, den Verletzten
fortzuschaffen. Solche Ereignisse standen aber eben auch in der Legion nicht auf der Tagesordnung und nach den letzten Ereignissen
schien es eine schwellende Unruhe unter dem Personal zu geben.


Das Verschwinden der Küchenangestellten zusammen mit dem Gefangenen aus dem Kellerverlies sorgte für viel Misstrauen und
Verdachtsmomente. So verwunderte es die Inquisitorin auch nicht weiter, dass sich momentan niemand hervortun wollte, um dadurch
letztendlich im Fokus zu stehen. Auch so ein Problem, um das sie sich noch kümmern müsste. Doch alles zu seiner Zeit. Ogrimars Mühlen
mahlten langsam, aber gerecht.


„Kannst du denn sicher sagen, dass deine Handlungen ihm helfen? Wäre es nicht ratsamer seinen Körper ruhen zu lassen, anstatt ihm
Alkohol einzuflößen? Wasser würde ich ja noch verstehen, um ihn vor der Dehydration zu bewahren, aber alles andere erscheint mir eher
kontraproduktiv.“


Zudem war es auch nicht mit mehr Aufwand verbunden Wasser statt Wein zu wählen, standen immerhin beide Karaffen nebeneinander auf
dem Tisch. Es sei denn, Syndra wollte verhindern, dass ein Medicus noch etwas zur Errettung dieses Häufchens Elends unternehmen konnte.
Versuchte Syndra vielleicht gerade etwas zu Ende zu bringen, wo zuvor jemand anderes versagt hatte?


„Und ich empfehle dir eindringlich, dir nicht anzumaßen über mein Verhalten zu urteilen, nur weil du persönlich einen anderen Lösungsansatz
verfolgst.
“ Die Eismagierin konnte sich eingestehen, dass sie der Heilkunde nicht mächtig war und würde sich demnach auch nicht vorwerfen
lassen, jemanden bewusst seinem Schicksal zu überlassen. Aber jemand muss auch das Gesamtbild im Auge behalten, alle Eventualitäten in
Betracht ziehen. „Zudem warst du ja quasi dauerhaft an seiner Seite, um ihn zu umsorgen. Warum hätte ich dich in deinem Handeln also
einschränken, wenn nicht gar behindern sollen, wo du offenbar doch so genau weißt, was er nun braucht?“


Dem herausfordernden Blick aus Syndras Augen hielt sie mit einer ebenso widerspenstigen Intensität stand. „Aber um dich zu beruhigen,
ich nehme an, dass der Heiler jeden Moment durch die Tür kommen wird. Unabhängig wie es für diesen Mann hier letztendlich ausgeht,
werden wir schon herausfinden, was ihm zugestoßen ist. Entweder auf die ein oder andere Art und Weise.“


Ihr Instinkt, sagte der Inquisitorin, dass diese Geschichte noch ziemlich verworren werden würde. Immerhin war es kein besonders
beeindruckender Schachzug, einen Greis zu überwältigen und ihm seiner letzten Tage oder Monate zu berauben. Es wäre viel
eindrucksvoller gewesen, einen Krieger in der Blüte seiner Jahre niederzustrecken. Aber letztendlich war eigentlich eher die Dreistigkeit
den Sterbenden vor ihren Türen zu drapieren, der Kunstgriff, welcher ihr imponierte. So viel Schneid besaßen nicht viele ihrer Feinde.


Dennoch hoffte die Inquisitorin, dass der Stallbursche möglicherweise neben einem Heiler auch die Priesterin hatte ausfindig machen
können. Laut Mila war jene in ihrer Priestergewandung Richtung Lichthafen losgezogen, bislang jedoch nicht zurückgekehrt. Ein Umstand,
der ebenfalls nicht typisch war. Insofern sie nicht durch irgendeine weitere Katastrophe aufgehalten worden war, ergab es keinen Sinn,
dass sie am Vorabend nicht in die Legion zurückgekommen war.


„Da schwere Stunden vor diesem Gefolgsmann des einzig Wahren liegen, wünscht jener vielleicht priesterlichen Beistand. Weißt du rein
zufällig, wo Tanuri sich momentan aufhalten könnte?“
Eine Frage, so beiläufig, dass sie wirklich nur dem von ihr genannten Zweck dienen
könnte, jedoch aber gleichzeitig so viel mehr bedeuten konnte.


Abschätzig streiften Lorenas Blicke erneut zu Syndra. Ihre Aufmerksamkeit wurde allerdings nur wenige Lidschläge später auf die Tür
der großen Halle gelenkt, die erneut geöffnet wurde.  Sowohl ein abgehetzter Medizinmann als auch ein recht atemloser Stallbursche
betraten die Halle. Unter lautem Gekeuche näherte sich Ersterer den Mann auf dem Tisch. Nun oblag es ihm, alles in seiner
Machtstehende zu tun, um sein Leben zu erhalten.


Gespannt über sein Vorgehen beobachtete die Inquisitorin den ihr unbekannten Heilpraktiker. So viele Fremde in ihren Reihen boten auch
immer ein gewisses Risiko. Fluch oder Segen, Verderben oder Bereicherung, beides war möglich, nichts ausschließbar. Vielleicht war sie
inzwischen aber auch einfach nur ein Stück weit paranoid, weil eine unheilverkündende Stimme ihr permanent die grausamsten Szenarien
vor Auge führte.

 

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~ Großinquisitorin der dunklen Kirche~
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Tanuri
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#983

Beitrag: # 54348Beitrag Tanuri »

Mit Wucht stolperte sie rückwärts, prallte gegen die Gitterstäbe in ihrem Rücken, wankte und fiel zu Boden. Als der Parasit ihre Nervenbahnen freigab, seine Flechten aus ihrem Körper schälte und die Verbindung zu ihr trennte, flammte ein Schmerz in ihr auf, der mit Gewissheit seines Gleichen suchte. Es war, als würde das Lebewesen sich nicht lösen wollen, sondern weiterhin seine dünnen Fäden um die feinen Nervenbahnen schlingen, als könnte es nur so weiter überleben, in dem es mit dem Wirt verbunden blieb. Ein ohrenbetäubendes Kreischen erklang von dem Schädling, das seinen Tod und das Ende seines Daseins nicht akzeptieren wollte. Ein letztes Umklammern, welcher den stechenden Schmerz nur noch tiefer dringen ließ und der Priesterin kalte Schweißperlen auf die Stirn zeichnete. 

Die Qual, die das Tier auslöste, war überwältigend, raubte ihr nicht nur Atem, sondern fast schon ihr Bewusstsein. Die Umgebung flimmerte und flirrte vor ihren Augen und mit aller Macht presste sie sich gegen die Gitterstäbe, damit der Druck, den diese auf ihrem Rücken und Wirbelsäule hinterließen, den Schmerz der sie freigebenden Schlingen überdeckte. 

Nach schier endlosen Sekunden war es vorbei und allmählich gelang es ihr, wieder zu normal zu atmen und Kontrolle über ihren Körper zu erlangen. "Widert Ihr Euch eigentlich selbst an?" Ihre Stimme war müde und kaum zu hören. Was ihr allerdings ziemlich gleich war. Sie wusste nicht viel, aber doch genug, um sich sicher zu sein, dass er ganz genau hörte, das sie sprach.

"Der Sohn also…" Sie benetzte ihre ausgetrockneten Lippen mit ihrer Zungenspitze und lachte heiser auf. "Versucht Ihr Kain stolz zu machen oder ist Euer Handeln ein jugendliches Auflehnen gegen ihn?" Wäre sie nicht so erschöpft und matt, vielleicht hätte sie gelacht. Irgendwie waren Menschen und Vampire doch gleich, auf die ein oder andere Art und Weise versuchten sie sich vor den Eltern zu beweisen, gleich wie abstrus der Weg dahin war. 

Ihr Körper gestatte es ihr aber nicht, sich über die Zusammenhänge, die sich so plötzlich ergaben, länger zu amüsieren. Denn Schwäche und Ausgelaugtheit hielten sie fest im Griff. Der Schädling mochte losgelassen haben, dennoch fühlte es sich an, als hätte er sich noch an ihrer Kraft bedient, damit er nicht gleich starb und vielleicht noch einen neuen Wirt fand, an den er sich klammern konnte. 
 
Immer noch klingelte es in ihren Ohren und der Druck auf ihrer Brust, der anhand des fehlenden Atems noch immer auf ihr lastete, forderten ihre Konzentration. Der bestialische Geruch, der von dem nicht sterben könnenden Leben und der Verwesung von Fleisch machten es nicht leichter, ebensowenig wie die Erkenntnis, dass sie vorerst schutzlos seinem Willen ausgeliefert war. . 

"Hätte es Euch gefallen, wäre ich einfach mit Euch gekommen? Mit bittenden Augen, wie ein kleines Hündchen, das sich an Euer Bein schmiegt und auf Eure Aufmerksamkeit hofft? Denkt Ihr wirklich, ich wäre eine Verräterin an meinem eigenen Wesen und dem aus was ich geschaffen bin?

"Wirke ich auf Euch, als würde ich meinen Glauben und alles, worauf mein Leben basiert, sofort vergessen, nur weil ein Vampir vor mir steht und mir ein zwielichtiges Angebot unterbreitet?" Langsam kehrte die Farbe zurück in ihr Gesicht und ihre von dem Parasiten befreiten Sinne begannen wieder zu gehorchen. Trotzdem waren ihre Beine noch zittrig und so entschied sie sich dafür, auf dem dreckigen Boden des Käfigs sitzen zu bleiben. "Sucht Ihr Euch so Eure Opfer? Beobachtet Ihr sie genau und wartet ab, wie gierig sie an Euren Lippen hängen?" Abfällig schüttelte sie ihren Kopf, was allerdings nur dazu führte, dass ein erneuter geladener Blitz aus Schmerz sich entlud. Trotzdem war sie bemüht, ihre Fassung vor ihm zu wahren und betrachtete ihn mit all der Feindseligkeit, die sie für ihn und sein Gebaren empfand.

"Ihr und Eure Abkömmlinge mögen solchen, die schwach in ihrem Geist sind öfter begegnen, als mir lieb ist. Etwas vormachen brauche ich mir nicht, die schwarzen Schafe sind überall, auch in meiner Gemeinde." Ihr Blick senkte sich, während sie darüber nachdachte, wer es wohl gewesen war, dem Landru bereits sein Geschäft unterbreitet hatte und wer es daraufhin ganz offensichtlich "verpasst" hatte, sie davon zu unterrichten. Das Kosten an der Ewigkeit und die Hoffnung, in der großen Geschichte aller Götter Relevanz zu erhalten, um seiner eigenen Persönlichkeit eine besondere Note zu verleihen, damit man aus dem Schatten von anderen trat, war wohl häufig verführerisch genug, um sich dazu zu entschließen, das ein Hintergehen riskiert werden konnte.  

"In meinen Augen sind alle, die schon allein den Gedanken hegen, sich mit Euch, ob nun für ein simples Geschäft oder auf ganz andere Weise, einzulassen, traurige und nahezu bemitleidenswürdige Verräter. Nicht nur, weil sie den Schwur an ihren Gott hintergehen und verleugnen, was sie versprachen, sondern weil sie Verrat an sich selbst ausüben." Mit einem dunklen Licht in dem hellen Blau ihrer Augen sah sie wieder auf, beobachtete die Schritte Landrus und empfand dabei nichts außer Verachtung für ihn. Ob er sie verstand? Fraglich, denn ob er Moral oder Anstand besaß, bezweifelte sie mittlerweile sehr. Landru war für sie ein Tier, geschaffen aus der Gier nach Blut und Wortbruch gegenüber den einzigen Göttern, die es zu geben hatte. Was also konnte man da noch erwarten?

"Natürlich ist Gott für mich wichtig, denn ich habe wenigstens etwas, an das ich glauben kann. Und solange ich glaube, bin ich nicht tot. Was man von Euch nicht behaupten kann." Tanuri rümpfte ihre Nase und versuchte, sich zumindest auf ihre Knie zu setzen. Immer noch war der Schwindel präsent und sie fühlte sich schwach. 

Dieses vermaledeite Biest in ihrem Nacken - wie hatte Landru es nur geschafft, es auf sie zu hetzen? Doch war das überhaupt von Belang? Viel eher brannte sie darauf zu erfahren, welche Auswirkungen es auf sie hatte. Zwischen dem Tempel und dieser grausigen Umgebung fehlten ihr Zusammenhänge.

Stattdessen loderten andere Bilder lebhaft in ihr auf. Hatte das Wesen in ihrem Geist Schwachstellen gesucht, diese gefunden und dahingehend Erinnerungen beeinflusst und Illusionen gezeigt, die sie nach und nach immer weiter verunsicherten, genauso wie die Hinweise Landrus es taten? Jener mochte meinen, dass er sie mit seinen Apparaturen und dem verkümmerten Leben im Nachbarkäfig einschüchtern zu können. Gewiss, es war entsetzlich und nicht leicht zu ertragen. Das war unbestreitbar. Doch noch mehr fürchtete sie, sich selbst nicht mehr trauen zu können.

Nicht aber nur das. Was, wenn seine geschickt platzierten Worte des Misstrauens gegenüber jenen, denen sie blind vertrauen sollte, da sie zu ihrem innersten Kreis gehörten, der Wahrheit entsprachen? Für Tanuri war eines klar: Wenn er sein Angebot bereits einem anderen unterbreitet hatte, dann sicher nicht einem einfachen Hausdiener.


Bemüht blieb sie aber trotzdem, ihre Selbstsicherheit vor ihm zu wahren, auch wenn sie sich in einer für sie äußerst schlechten Position befand. Wenn mich niemand sucht, was dann? Habt Ihr dann die Bestätigung, nach der Ihr lechzt? Oder wartet Ihr darauf, dass ich in Trübsal über die Erkenntnis ausbreche, dass niemand mich vermisst?" Ein kühles Lächeln in ihren Mundwinkeln war ein Zeichen dessen, worüber sie sich schon längst bewusst war. "Stellt Euch vor, mit Nichts anderem rechne ich." 


 
~~~
Ja, mein Herr und Meister, ich bin Deine Dienerin!
Lege Deine Finger auf meine Lippen und berühre mit Deiner Hand meine Zunge
auf dass ich Deinen Willen und Dein Wort verkünde!


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Adrian
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#984

Beitrag: # 54349Beitrag Adrian »

Adrians Blick war auf Liadan hinab gerichtet, als sie an ihn herantrat und sich auf Zehenspitzen stellte, um ihn auf ihre Weise zu begrüßen.

Es war ein kurzer Moment, indem die Jägerin es schaffte, die düstere Aura um ihn herum zu durchbrechen und ein Zucken über seine Mundwinkel hinwegfahren zu lassen. Ein schelmisches Lächeln, das instinktiv seine Lippen überflog und kleine Fältchen an seinen Augenwinkeln hinterließ.

Tatsächlich war Adrian erleichtert, die Prinzessin wiederzusehen, doch der Schlag ihres Herzens, als sie ihm so nahekam, weckte unmittelbar sein Misstrauen. Nicht gegenüber Liadan. Sie war von seinem Blut und Teil der Familie. Eine kleine Schwester, für die er ohne mit der Wimper zu zucken sein Leben geben würde.

Misstrauen hegte er gegen das, was sämtliche Farbe aus dem Gesicht der Prinzessin weichen ließ.

Kühl hielt das helle Blau seiner Augen an ihrer zierlichen Gestalt fest, als sie ihre Füße langsam wieder absenkte und ihre zierliche Gestalt zu ihm aufsah. Seine Augenbrauen schoben sich leicht in seine Stirn, sodass sich unmittelbar der Schatten einer Falte formte, als er die Schuld in ihrem Blick auffing.

„Konntest du die Adeptin finden?“ Einnehmend erhob Adrian seine Stimme. Es gab keinen Grund, sich dafür zu entschuldigen, wenn Liadan es verneinen musste. Soweit sollte die Prinzessin ihn kennen. Doch das war es offenbar nicht, was das grüne Schimmern in ihrem Blick verschleierte. Oder noch nicht alles. Ein Trugschluss, wie Adrian sich nur einen Atemzug später eingestehen musste.

Mit nur einem Lidschlag folgten seine Augen ihrer kleinen Hand, die das Pergament vor ihm ausgebreitet auf den Tisch legte. Das schwarze Siegelwachs war frisch gebrochen und lagen in kleinen Krümeln auf dem Tisch, wie er mit kühler kontrollierter Miene feststellte.

Schweigend betrachtete Adrian die Nachricht. Buchstaben und Worte, welche sich vor ihm ausbreiteten und ihm ohne jeden Zweifel bekannt waren, war es seine Feder, die ein jedes davon niedergeschrieben hatte. Worte, die nun auch Liadan wusste. Kurz nur schloss Adrian seine Augen, um sich selbst zu beherrschen, die aufkeimende Dunkelheit, welche die Farbe in seinen Augen mit jedem Atemzug unmittelbar weiter verdunkelte, als würde die Finsternis unaufhaltsam von in ihm Besitz ergreifen.

Mit einer trügerischen Ruhe stellte Adrian sein Glas beiseite, um sich mit einem weiteren Lidschlag der weißen Feder zuzuwenden und nach ihr zu greifen. Langsam nur hob der Magier sie an, um sie schweigend zu betrachten. Blütenweiß mit goldenen Spitzen. Auch wenn Tanuri sie ignoriert haben konnte, ging er keineswegs davon aus, dass dem so war. Falls doch, war es ein mehr als schlechter Scherz.

Bedrohlich überzog ein düsterer Glanz seine Augen, während er die Feder in seiner Hand drehte. Nichts schien ihnen in irgendeiner Form in die Hände zu spielen. Konzentriert fuhr Adrian sich über die Lippen, während er wieder auf das Pergament blickte. Was immer es bedeutete, ein Angriff oder sogar mehr als das.

Allerdings war Adrian sich sicher, dass es dieses Mal nicht Naheniel zusammenhing. Sein Freund versteckte sich nicht hinter weißen Gezücht. Würde er dahinterstecken, würde er es ihn erbarmungslos wissen lassen wollen. Umso klarer war ihm, dass noch eine weitere Seite eingreifen wollte. Sich die Gunst der Stunde zu nutzen machen wollte.

Leicht nur bebten seine Nasenflügel, bevor Adrian die Feder auf den Tisch warf. Von einem Moment auf den anderen schienen die Schatten ihm sämtliche Wärme zu rauben. Eine bedrohliche Kälte, die sich sowohl über seine Züge hinweggelegt hatte, als auch Einzug in die düstere Präsenz nahm, die ihn umgab.

Nachdenklich sah Adrian zu der Krähe, als er mit beherrschter Stimme sich Liadan zuwandte. „Ich nehme an, da ist noch mehr?“
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Liadan Al Saher
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#985

Beitrag: # 54350Beitrag Liadan Al Saher »

"Vorerst ist da nichts, was ich nicht alleine bewältigen kann." Natürlich war da noch mehr, Liadan aber wusste, dass das nun hinten anstehen musste und ihre beider Aufmerksamkeit an anderer Stelle gebraucht wurde. Irgendwie würde sie die Sache mit dem Bischof schon alleine geregelt bekommen. 

Die Dinge hier schienen mit jeder Stunde noch chaotischer und undurchsichtiger zu werden. Wenn sie die richtigen Schlüsse zog, bedeutete die ungelesene Nachricht und die weiße Feder nichts anderes, als dass noch jemand aus der Gilde in Gefahr war und das war äußerst besorgniserregend. Gerade jetzt galt es, Stärke nach außen zu demonstrieren, das Pergament aber bewies, dass die Legion anscheinend unter einem erheblichen Sicherheitsproblem litt. So konnte das nicht weitergehen, weshalb ihre eigenen Anliegen vorerst zurückgestellt werden mussten und so entschied Liadan sich dafür, Adrian fürs erste nicht in Kenntnis über die Drohung des Bischofs zu setzen. Denn sie wusste, dass ihr Schwager alles dafür tun würde, um das abzuwenden, was vielleicht einfach Liadans Schicksal war. 

Sie durften keine weitere kostbare Zeit verlieren und nicht erst darauf warten, dass erste Forderungen eintrudelten. Auch wenn Liadan es irgendwie nicht so ganz einleuchten wollte, wie das alles zusammenhing, denn die Zeilen auf dem Pergament wollten für sie nicht zu dem Boten passen, der sie zurückbrachte. Allerdings handelte es sich bei der Krähe um einen sehr zuverlässigen und klugen Vogel, der häufiger auch von anderen Mitgliedern eingesetzt wurde, wenn es sich um dringliche Angelegenheiten handelte. 
 
Es mochte ein kläglicher Versuch der Aufmunterung sein, trotzdem drückte sie den Oberarm ihres Schwagers und kaute, von schlechtem Gewissen geplagt, auf ihrer Unterlippe herum. "Wegen letztens… es tut mir Leid." Verlegen sah sie zu Boden, als stünden dort die richtigen Worte der Entschuldigung geschrieben. Vor Freyas Verschwinden waren Adrian und Liadan aneinander geraten.

Obwohl, wenn sie genauer darüber nachdachte, war das nicht ganz korrekt. Es war nur sie gewesen, die ganz schön sauer auf Adrian gewesen war und ihm lautstark ihre Meinung über sein Verhalten gesagt hatte. Anstatt sie aber genauso anzuschreien wie sie ihn, war ihr Schwager in seiner üblichen stoischen Art ruhig geblieben und hatte einfach nur zugehört. Das hatte sie nur noch wütender gemacht und sie irgendwann vergessen lassen, dass er immer noch das Oberhaupt der Al Sahers war. Schließlich war ihr Geduldsfaden gerissen, sie hatte ihm eine Ohrfeige verpasst und war schnurstracks aus seinem Zimmer gestürmt, die Tür scheppernd hinter sich zuschlagend. 
Danach hatten sie wochenlang nicht miteinander gesprochen, bis sie dann seine Nachricht wegen Freya erhalten hatte.

Es half aber nichts, die Situation war, wie sie war. Trotzdem fühlte sie sich schrecklich. "Es stand mir nicht zu, Dir das alles an den Kopf zu werfen." Tief atmete sie ein, dann wieder aus, ließ seinen Arm los und sah auf das sich wieder zusammenrollende Pergament. Liadan spürte die sich verfinsternde Aura Adrians, fühlte die Kälte der Schwärze, die direkt von ihm selbst ausging. Hoffentlich konnte sie zumindest ein bisschen etwas wieder gut machen, wenn sie sich jetzt um die richtigen Worte bemühte, auch wenn ihr Herz dabei weiterhin schwer blieb und sie nach wie vor von dem überzeugt war, was sie damals zu ihm gesagt hatte. Aber sie musste einsehen, dass im Leben eben nicht immer alles so lief, wie man es sich wünschte und schließlich konnte sie ihn nicht dazu zwingen, das zu sehen, was sie sah. Es war und blieb nunmal Adrians Entscheidung und Handeln. 

Schnell verdrängte sie ihre Gedanken und konzentrierte sich wieder auf das Hier und Jetzt. "Also? Was schlägst Du vor? Was kann ich tun?" Ihr Blick wanderte zu der Feder in Adrians Hand, war es wahrscheinlich der einzige greifbare Hinweis, den sie derzeit besaßen. Bekümmert musste sie erneut feststellen, dass sie zu lange fortgewesen war. Trotzdem gab sie sich Mühe, die Zusammenhänge irgendwie zu begreifen und das Durcheinander in ihrem Kopf zu sortieren. Nichts wollte sich gerade so richtig zusammenfügen, was sich wirklich frustrierend anfühlte. Aber war das in diesem Moment eigentlich wichtig? Die Schwere der Dunkelheit, die sich immer weiter um Adrian ausbreitete, machte ihr deutlich, dass es keinen großen Sinn machte, jetzt alles zu hinterfragen. 

 
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Gesichtsloser Erzaehler
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#986

Beitrag: # 54351Beitrag Gesichtsloser Erzaehler »

Die Gräfin

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Milla musterte sie warm. "Ich weiß, aber mach dir darum keinen Kopf. Dir geht es wieder gut." Flüstert sie leise. Es scheint nicht so als wäre sie darum traurig. Auch wenn ihre Chancen sanken, je mehr Narben sie trug. Sie schien es zu akzeptieren. Jetzt war es ohne hin zu spät. Die Stimmung kippte viel zu schnell als das man sich daran nun lange aufhalten konnte. Der Unheilvolle Klang. Das monotone Pochen des Gehstockes auf dem Holzboden. Dann Stille.

Freya tat ihr gleich und sie nickte aufmunternd. Es war sicherlich schwer, aber es muss getan werden. Niemanden war geholfen, wenn man sich mit falschen Trotz in Gefahr begibt. Niemand war geholfen, dass man mit einer überlegenden - momentan überlegenden Macht angelegt. Sicher in Freya schlummern Kräfte die vermutlich viel anrichten konnten, aber solange sie diese nicht kontrollieren konnte, sie nicht bewusst einsetzen konnte, war es ein Glücksspiel sich darauf zu verlassen. Sie wusste nicht welche Gegnerin die Gräfin wäre. Scheinbar verstand auch jene sich auf Zauberei oder ähnliches. Was wusste sie schon über sie? Kenne deinen Feind, damit du ihn bezwingen kannst. Das braucht Zeit.

Die Tür schwang auf und da stand sie. Jetzt fern der Kutsche stellte man fest, sie war recht hochgewachsen, schmal und von aristrokratischer Haltung. Sie wirkte durchaus einnehmend. Sie hatte ihre Kleidung gewechselt. Es war ein immer noch sehr wuchtiges Kleid, vermutlich ebenso im Schichtsystem aufeinander gestapelt wie Freyas Gardrobe dort lag. Nur noch um eines wuchtiger und ausladender. Die Haare waren kunstvoll hochgesteckt und ein Hut mit Schleier verdeckte eine Seite. Dann war dieser feine Stoff über die Augen. Warum war er da? War sie blind? Nein, dass erschien unwahrscheinlich, wenn sie jene betrachten will. Also wieso das Tuch. Das Gesicht war wieder puderweiß, die Lippen dunkles Blutrot. Es war sehr aufgesetzt, aber auch bedrohlich. Sie wirkte unnatürlich, aber auf keine amüsante Art.

Sie näherte sich Milla. Die Hand griff nach dem Kinn und zog das Mädchen näher zu sich. Den Kopf harsch zu Seite drängend. "Mh." Es hatte einen unguten Unterton. Dabei sollte sie wissen, dass Milla einen Preis kostete. Aber die Schuld lag stets bei den Sklaven, nie bei der Herrschaft. Sie entließ das Kinn wieder. "Geh und hilf der Küche." Milla knickste kurz und man sah sie rang ein wenig mit Tränen. "Ja Herrin."  Als wäre diese unsanfte Begutachtung schon genug um sie zu verletzen. Für die junge Frau war die Gräfin vielleicht sogar einer Mutter ähnlich und gerade war sie indirekt gescholten worden. Freya konnte spüren, dass viel über indirekte Bestrafung lief, viel über Indoktrination, wenn sie schon wusste, was dies war.

Sie waren nun alleine. Die Frau mit dem schweren Gewand und dem Stehkragen wendete sich nun Freya zu. Der Blick legte sich auf ihre Handrücken. Die eine eigene Hand auf dem Gehstock gestützt, die andere hob sich um einen halbkreis zu schreiben. Obgleich die Augen verdeckt waren, war ihr Blick zu spüren. Wie kleine Nadelstiche, welche sich schleichend über die Haut ziehen. Stich für Stich, Millimeter für Millimeter.

"Jetzt haben wir mehr Zeit für einander. Du bist jung, an der Schwelle von einem Mädchen zur Frau. Alleine das, macht dich zu einem wundervollen Kleinod. Aber.. " Sie machte eine Pause, man kann wahrlich spüren wie eine gewisse Abfälligkeit und Kälte in die Stimme schleicht. "Ein Mädchen das sich nicht zu benehmen weiß, dass kein Hauch Etikette oder Stil besitzt ist am Ende nur eine Dirne, welche einmal eine Göttin sein darf nur um danach ewig dahin zu siechen." Die schnalzte leicht mit der Zunge. "Ich gehe nicht davon aus, dass du mit dem Leben an einem Hof vertraut bist. Vielleicht bist du sogar ein Bauernkind das die alte Vettel vom Feld gepflückt hat." Sie tippte mit ihren spitzen Nägeln auf den Gehstockkopf, der die Form eines Wolfes hatte. Ein gefletsches Maul. Es gab einen widerlichen metallischen Ton von sich, wenn Nagel und Wolfkopf sich trafen. Ping... Ping... Ping.

"Jetzt bist du hier und wir werden aus dem Mädchen vom Feld eine Dame machen. Eine die mehr sein wird, wenn sie ihrem neuen Herrn oder Herrin begegnet. Die Unterhalten kann, die sich verständigen kann, die Benehmen hat und natürlich schön ist." Damit hob die Hand mit dem Gehstock, der Wolfkopf näherte sich ihrem Gesicht und will sich das Haar angeln um es über die Schulter zu schieben. Damit das hauchdünne letzte Kleid nehmend, welches noch vor ihren Blicken schützt. Freya wie sie geschaffen war, wie sie geboren und gewachsen war. Bar jeder Maske, jedes Kleides, bar jeder Lüge die verdecken kann. Nur Wahrheit.

"Du hast zumindest schon ein wenig Haltung. Vielleicht doch kein Mädchen vom Feld." Raunte sie leise. "Was sagtest du bist du? Adeptin? Was ist das?" Hakte sie nach.
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Syndra
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#987

Beitrag: # 54352Beitrag Syndra »

Mit einem leisen Seufzen und einem Hauch von Zufriedenheit ließ Syndra den Verletzten sanft aus ihrer Umklammerung gleiten, während sie sich majestätisch neben ihn stellte. Ihre Finger glitten behutsam über seinen Arm, ehe sie ihn dem Medicus überließ, der bereits eifrig seine Arbeit aufnahm. Ein kurzer, aber bedeutsamer Blickaustausch mit dem Heiler bestätigte, dass er nun die Führung übernahm, sodass die Erzmagierin nach außen hin erkennbar ohne schlechtes Gewissen abwenden konnte, um sich den hochtrabenden Worten der Eismagerin zu widmen.

Glaubte Lorena wirklich, es würde ihr imponieren, dass jene sie auf ihre berechtigte Rüge hin maßregelte? Eher zeigte es, wie sehr Syndra sie getroffen hatte, indem sie ihre kleinen Fehltritte sowie ihre deutliche Unachtsamkeit unverblümt offenlegte. Eine vorhersehbare Reaktion der Inquisitorin, die so eindeutig war wie ein lautes Bellen eines getroffenen Hundes.

Syndra zweifelte kaum daran, dass auch nur eine der Anweisungen von Lorena stammte, nachdem sie selbst Zeugin der Situation und Umstände gewesen war. Ein Fakt, den ein kleines Kind, wie Nymeria bestätigen könnte, wenn sie denn sprechen würde. Aber bitte, wenn die Inquisitorin sich die Lorbeeren für die Aktion einstreichen wollte, nur zu. Warum sollte Syndra ihre Zeit damit verschwenden, all das zu diskutieren? Warum sich die Mühe machen, jemanden zu belehren, der am Ende jedes Wort auf die Goldwaage legte, um es für sich umzumünzen, nur damit es in seine oder ihr zurechtgelegtes Weltbild passte. Sie hatte durchaus Besseres zu tun.

„Bist du mit deiner kleinen Aufklärung fertig, Lorena?" Die kühle Arroganz in ihrer Stimme ließ keinen Zweifel daran, wie wenig sie von der Moralpredigt oder Zurechtweisung hielt. Respekt war etwas, das verdient werden musste, nicht einfach so verliehen.

Ihre langen Finger umschlossen den Kelch, während ein süffisantes Lächeln sich auf ihre Lippen legte. Manche Dinge waren einfach schlicht berechenbar, anstatt nur ansatzweise herausfordernd. Fast schon provokant hob Syndra daher eine Augenbraue, als sie sich mit Selbstsicherheit umwandte und das dunkle Blau ihrer Augen einen kurzen Blick mit Lorena austauschte.  

„Zuallererst, bevor du mir neben Dummheit vielleicht einen Mordversuch auf subtile Weise unterstellst, Lorena, kläre ich dich gerne darüber auf, dass Wein eine kräftigende Wirkung hat", bemerkte sie, während sie mit anmutigen Schritten zum Tisch schritt, um dort den Kelch auf der dunklen, polierten Holzplatte abzustellen. Ein kühler, selbstsicherer Blick zum Medicus signalisierte, dass die Inquisitorin ihr Misstrauen gerne an direkter Quelle entkräften durfte, indem sie den Heiler um eine Bestätigung bitten würde.

„Nur zu, frage ihn.“ Ermutigte Syndra ihn mit einer selbstsicheren Arroganz. Anmaßend war in der Weise wohl genau die richtige Beschreibung für jemanden, der offensichtlich schon lange nicht mehr in den Spiegel geschaut hatte und gerne mit dem Finger auf andere zeigte.

Auch Syndra vertraute niemandem bedingungslos, aber glaubte Lorena mit ihrer unangemessen aggressiven und überheblichen Art würde sie sich einschüchtern lassen?  Soweit sollte die Inquisitorin sie kennen und einschätzen können. Es wäre auf jeden Fall ein weiterer Fehler. Erst recht nachdem sie eine Zeit lang ein fast freundschaftliches Verhältnis gepflegt hatten. Zumindest bis Syndras Beziehung zu Naheniel zu einem Dorn in Lorenas Augen wurde.

„Vielleicht solltest du weniger gleichgültig mit dem Leben des Fremden umgehen. Immerhin wirst du jedes meiner Worte wohl ohnehin in Zweifel ziehen, weil ich deiner Meinung nach mit dem falschen Mann schlafe, nicht wahr?" Mit einem eleganten Wimpernschlag wandte sich Syndra erneut Lorena zu. „Unter uns kannst du wenigstens ehrlich sein. Seine Aussage wird für dich wohl mehr Gewicht haben als meine."

Zu schade eigentlich, dass es zwischen ihnen beiden stand. Nachdenklich ließ sie ihren Kopf zur Seite gleiten, wobei die schwarzen Strähnen ihres Haares über ihre Schultern glitten, während Lorena das kühle Bedauern in ihrem Blick durchaus wahrnehmen sollte, mit dem sie nicht nur die Überheblichkeit, sondern das Misstrauen der Inquisitorin bedachte.

Es war nicht zu ändern. Sie waren nun einmal wer sie waren. Und auch wenn Lorena vielleicht ein Amt innerhalb der Kirche bekleidete, so war Syndra sicherlich niemand, der vor ihr einknickte. Ein mehr als einfältiger Gedanke, dem sie nicht mehr als ein überhebliches Lächeln abgewinnen konnte.

Der Klügere gab jedoch zumeist nach. Instinktiv strich sich Syndra die dunklen Strähnen hinter ihr Ohr und sah zu ihrer kleinen Schwester, um diese Zuschaustellung Lorenas für sich zu beenden.

„Wie dir die Stallburschen sicher bereits berichtet haben, kam ich mit Nymeria aus Sturmkante, während die Versammlung des Gesindels um den Fremden im vollen Gange war und scheinbar niemand wusste, was er tun sollte. Daher kann ich dir leider nur sagen, wo Tanuri nicht ist.“

Mit einem kühlen Blick auf Lorena und einem provokanten Lächeln auf den Lippen nahm Syndra kein Blatt vor den Mund, die Dinge beim Namen zu nennen, während sie bereits an ihre Schwester herantrat. Ihre Hand streckte sich nach ihrem eigenen Umhang aus, den sie über ihren Arm drapierte, um sich bereits dem Mantel des Kindes zu widmen. Für die Erzmagierin gab es hier weder länger etwas zu tun, noch etwas, das interessant genug erschien, um unnötig ihre Zeit in einer schlichtweg anmaßenden und ebenso infantilen Befragung weiter zu vergeuden.

„Ich bin mir jedoch sicher, dass du noch die Antworten finden wirst. Welches Geheimnis bleibt schließlich dir gegenüber verschlossen?"
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Tochter des Erzmagus Vaboris van Darc & Miradoria
~ Erstgeborene & rechtmäßige Erbin des Hauses van Darc ~
~ Schwester der Nymeria var Aesir ~ Mitglied der
Legion des Schattens ~

Wir können zwar das Blut nicht leugnen, aber es ist an jedem selbst zu entscheiden, wie viel Macht oder Einfluß man diesem gewährt die Gegenwart noch zu beeinflußen. ~
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Adrian
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#988

Beitrag: # 54353Beitrag Adrian »

Adrians Zimmer war von einer düsteren Atmosphäre durchdrungen, die die Stille seiner Gedanken unterstrich. Sein Schweigen auf Liadans Worte war von einer ruhigen Gelassenheit geprägt, die seine undurchdringliche Fassade kaum zu durchbrechen schien. Eine scheinbare Ruhe, aus der sich die Finsternis in ihm jedoch unablässig weiter hervordrängte. Jeder Beherrschung zum Trotz verdunkelten die Schatten das Blau seiner Augen mit jedem verstrichenen Moment, da er das Pergament ansah.

„Wenn es wichtig ist, schwöre mir, dass du es mir erzählst.“ Ein düsterer Schatten strich über sein Gesicht, als Adrian sich mit einem Blinzeln losriss, um sich Liadan zuzuwenden. Die Forderung, die sich hinter dem Timbre seiner ruhigen Stimme verbarg, duldete hörbar kein Nein. Es war ein Aufschub, welcher sich einzig auf das Vertrauen stützte, das er in die Prinzessin hatte. Keine Bitte, sondern eine klare Erwartung.

Der Magier hob seine Hand und umschloss in einem sanften, bestimmten Griff ihr Kinn. Sie sollte wissen, dass die Familie für ihn unmittelbar nach dem Glauben kam und er keine Kompromisse einging, wenn eines von beiden angegriffen wurde. Wenn es also etwas zu sagen gab, ganz gleich wie schlimm, dann erwartete Adrian nicht weniger von ihr, als dass sie es aussprechen würde.

In aller Entschlossenheit griff Adrian nach ihrem Blick, um hinter den grünlichen Glanz ihrer Augen nach Antworten zu suchen. Er wusste, dass sie nicht alles preisgab und Liadan etwas vor ihm zu verbergen versuchte. Ob es mit Freya zusammenhing oder etwas vollkommen anderes war, stand jedoch im Raum.

In jedem anderen Augenblick hätte Adrian sich die Zeit genommen, um mit ausgeprägter Ruhe und autoritärer Vehemenz nachzuhaken, bis sie ihm jedes Detail offenbart hätte. Angesichts der aktuellen Situation musste Adrian jedoch auf Liadans Urteilsvermögen vertrauen und darauf hoffen, dass sie die Wichtigkeit der Informationen, die sie für den Moment zurückhielt, richtig einzuschätzen wusste.

Sanft entließ er ihren Unterkiefer, nur um der Prinzessin in einer vertrauten Geste über die Wange zu streichen. Eine warme Spur, unter der er ihren Wangenknochen nachzeichnete. Sie wusste, wozu er bereit war und welche Bedeutung sie für ihn hatte, sodass es ebenso keiner Worte brauchte, um sich für irgendetwas zu entschuldigen.

Liadan hatte schließlich recht gehabt. Er war ein Idiot. Ein blinder Hornochse, wie sie ihn genannt hatte. Die Begrifflichkeiten der Prinzessin waren vielfältig gewesen, aber er hatte es verdient, ebenso wie die Ohrfeige. Wäre er nicht so stur gewesen und hätte seiner Schwägerin zugehört, wäre die Lage sicherlich eine vollkommen andere.

„Du hattest jedes Recht dazu, Prinzessin“ Erwiderte er mit ruhiger Beherrschung, während sein düsterer Blick weiterhin an ihr haftete. Für Reue jedoch war kein Platz. Man bezahlte den Preis für seine Entscheidungen und seine Taten und stellte sich den Konsequenzen.
Schweigend wandte der Magier sich ab. Ihm war bewusst, was er bereits von Liadan verlangt hatte. Konnte er noch mehr erwarten? Mit einem Lächeln, das keinerlei Freude oder Erheiterung trug, nahm er seinen Mantel wieder vom Bett.

„Wenn du etwas für mich tun willst, dann sorge dafür, dass die Tochter der Priesterin in Sicherheit ist, bis ich zurück bin.“ Noch war nichts bestätigt. Aber es spielte keine Rolle wer es war. Er würde denjenigen finden und jener würde es nicht nur bereuen, sondern bis zu seinem erbärmlichen Dahinscheiden nicht vergessen, wen oder was er herausgefordert hatte.

„Ich habe Naheniel den Krieg erklärt.“ Eine greifbare Dunkelheit lag in seiner Stimme, während er sich den Mantel überzog. Nachdenklich schoben sich seine Augenbrauen in die Stirn, wo sie den Schatten einer Falte zeichneten.

Wenn sich sein Verdacht sich bestätigte, dann hatte Naheniel dieses Mal bei dem Verschwinden der Priesterin nicht seine Finger im Spiel. Noch nicht. Die offene Drohung seines Freundes prangte dennoch deutlich an den Mauern und Nymeria war eines seiner klar ausgesprochenen Ziele. Er wäre ein Idiot, würde er die Situation nicht gnadenlos ausnutzen, denn genau das wäre es, was Adrian an seiner Stelle tun würde. „Achte auf sie und auf dich."

Sein Blick wanderte zu Liadan, und obwohl er noch immer von einer Aura der Finsternis umgeben war, lag in dem finsteren Zentrum seiner Augen ebenso tiefliegendes Vertrauen. Ein Blick, der sich jedoch mit einem schnellen Lidschlag loseiste, um nach dem Pergament und der Feder zu greifen.

„Ich werde mich darum kümmern.“ Die Kälte seiner Worte machte kein Geheimnis um sein Vorhaben. Eine gnadenlose Entschlossenheit, die in dem Kontrast zu dem sanften Kuss war, mit dem er Liadans Stirn bedachte.

Wenn es ein Scherz war, dann würde demjenigen genauso wenig eine Gnade zuteilwerden, wie dem Narren, der so töricht war, die dunkle Gemeinde unmittelbar herauszufordern. Ganz gleich, wo er sich versteckten sollte, Adrian würde ihn finden und wenn er dafür persönlich in die scheinheiligen Hallen der aufopfernden Weißlinge gehen musste.

Mit wenigen entschlossenen Schritten durchquerte Adrian den Raum und ging auf die Krähe am Fenster zu. Beherrscht und kontrolliert streckte der Magier dem Tier seinen Arm entgegen, während er mit fordernder Intensität in die kohleschwarzen Augen hineinsah. Sie hatten beide das gleiche Interesse. Wenn Asche gewillt war ihm zu folgen, konnte sie ihm vielleicht auf ihre Art helfen.
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✟ Oberhaupt der Familie Al Saher ❖  Bruder des Verlion Al Saher ✟
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Landru
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#989

Beitrag: # 54354Beitrag Landru »

Der dezente süsse Schmerz. Mancher wird er der beste Freund. Aber wie könnte sie das verstehen? Die Natur war gewaltsam. Die Geburt war schmerzhaft, das sterben war schmerzhaft. Ja er wusste wie es war zu sterben, auch wenn er nicht lange tot geblieben war. So war das mit den Mächten, niemand weiß genau wie sie funktionieren. Er lächelte verhalten, aber doch mit einer gewissen Genugtuung. Einem Hauch von Sadismus der ihm schon seid Beginn in den Charakter geprägt war. Sonst wäre er schlicht nicht in der Lage derartige Dinge zu tun. "Nein." Eine schlichte Antwort auf ihre fast lautlose Frage. Warum sollte er auch. Er sah nichts falsches in seinem Handeln. Nur weil sie einem Glauben angehörte oder einer Gruppe ändert das nichts das sie hatte was er benötigte. Das hatte nicht mal was mit Glauben zu tun oder das in Frage stellen von Göttern.

Ihre Worte bezüglich seines Vaters waren durchaus wirkungsvoller als sie vielleicht weiß. Als sie ahnte. Es war immer ein Grundbestreben gewesen, den Vater stolz zu machen. Wenn sonst auch viele Bindungen einfach belanglos waren, waren die Eltern doch ein Stück weit bindend. Es hatte mit dem Blut zu tun, mit der Linie und der Macht der Verbundenheit, welche eine Linie teilte. So gesehen war es ihm nicht egal. Er musterte sie einen Augenblick lang. "Ich muss euch enttäuschen. Eure Anwesenheit hier, hat nicht das geringste mit meinem Vater zu tun oder der Anerkennung seiner. Es ist einzig meine Natur und meine Ziele die ich verfolge. Seht mich wie einen Handwerker der versucht seine Fähigkeiten zur Perfektion zu bringen. Eurer Amt oder Glaube.. ist völlig bedeutungslos für meine Handlungen. Es macht aber.. zugegeben Spass die Glaubensdifferenzen für sich zu nutzen. Wenn zwei sich streiten, freut sich bekanntlich der Dritte." Er senkte die Lider einen Augenblick. Zumindest wenn sein Plan aufging. Es gab ja immer Überraschungen und Wendungen, die alles in eine andere Richtung lenken könnten, aber erstmal schien er ja recht erfolgreich mit seinem Handeln zu sein. Vorerst. Er durfte nur nicht leichtsinnig werden.

"Es wäre einfacher gewesen wärd ihr eine Frau ohne Stand und Rang. Denn was euch zum Ziel macht ist schlicht die Besonderheit in eurem Blut. Ich erzähle euch nichts neues, wenn Magie oder auch ähnliche Dinge eine gewisse Note besitzen, die kompliziert werden können. Ob es mir gefallen hätte? Es hätte zumindest Mühe erspart." Er dachte darüber nach, welche Konsequenzen sich aus dem Verschwinden der Priesterin ergeben. Keine sonderlich schönen vermutlich. Um so besser, wenn sein Wirken nicht bekannt wird. Wenn sie weiterhin der Fährte folgen, welche er versucht hatte zu legen. "Ich glaube nicht. Da habt ihr Recht. Ich habe nie damit gerechnet, dass ihr zustimmen würdet. " Er wiegte den Kopf leicht.

"Ich bin kein Verführer wie manche in den Legenden darstellen. Der dunkle mystische Graf der seine Opfer umgarnt und sie mit leeren Versprechungen von Romantischer Dunkelheit entführen. Die Wahrheit ist weit unschöner. Seht euch um. Sieht es so aus als wäre es mir wichtig was mein Material zu sagen hat? Wenn ich das wünsche, kann sich ihnen Münder lassen, damit sie sprechen können. Manchmal lasse ich ihnen Augen, damit sie sehen wo sie ihr Dasein fristen. Vielleicht lasse ich euch auch die euren, damit ihr sehen könnt was geschieht." Die Finger strichen über die eigenen fahlen Lippen. Ihre Verachtung war so ehrlich, so voller Wahrheit. Kein falsches Spiel, keine aufgesetzte Freundlichkeit, nur pure Verachtung und Abscheu ihm gegenüber.

Er hob leicht die hand, den Zeigefinger empor hebend. "Ich habe nicht nötig zu lügen, Tanuri. Was glaubt ihr.. wie viele vor euch haben mich beschimpft, mir mein Existenzrecht abgesprochen, mich ihren Göttern bedroht und teilweise sogar körperlich versucht zu vernichten. Wie viele mögen versucht haben meine so abartige Natur zu bekämpfen und doch am Ende überdauerte ich. Mancher mag das Unkraut verteufeln, aber es ist erfolgreich und zäh. Wenn also .. weder ihr noch viele vor euch .. einem Wesen wie mir traut. Wieso sollte ich in Erwägung zu ziehen zu lügen? Was bring es mir .. an Vorteile? Nichts. Ob sich die schwarzen oder weißen oder wer auch immer zerfleischt ist .. völlig gleich. In einem Punkt seid ihr euch alle einig. Ihr erhebt euch über meine Existenz urteilen zu dürfen. Ihr wagt es .. über meine Natur zu richten. " Letzteres war mehr oder weniger ein abfälliges Zischen seinerseits. Oh das Thema war so alt und doch führte er es immer wieder. Scheinbar wurden diese Noten der Moral nie ausgeleiert genug. Es war irgendwie beruhigend zu wissen, dass manche Dinge sich nicht ändern.

"Vor langer Zeit habe ich versucht .. einen Weg zu finden, mich in dieses fragile Gefüge einzufinden. Ich begriff aber das dies nicht möglich ist. Ich bin wer und was ich bin und meine Natur besteht nicht daraus .. kompartibel mit Anderen zu sein. Ich bezweifel das es je ein Beutetier für ... gerecht hält, wenn der Jäger es frisst." Er schenkte ihr ein fast mitfühlendes Lächeln, aber die kalten Augen verrieten, dass dieses ein Trugschluss war, es war kein Mitgefühl, sondern im Moment.. Genuss.

"Was bedeutet es also, wenn jegliche Gesellschaft ein Wesen ausgrenzt.. sie verachtet, jagt vielleicht auch versucht zu töten. Es wächst, passt sich an und überlebt. Am Ende .. ist es nicht mehr das Streben zum Erhalt .. von irgendwelchen Sterblichen Normen, sondern nur noch das eigene Gesetz und die eigenen Prinzipien." Er wandte sich wieder dem Tisch zu.. "Ja, sie sind alle im Unrecht, Priesterin, natürlich. So viele.. von denen ihr nicht mal wisst, haben einen Pakt mit den meinen geschlossen und davon profitiert, während wir im Hintergrund weiter die Sündenböcke für euren Hass waren. Im Grunde belügt ihr euch selbst.. immer und immer wieder. Aber wenn euch das mit Zufriedenheit erfüllt, eure Heuchlerei in den eigenen Reihen zu rechtfertigen, weil wir die Bösen sind, dann ist dem so. Dann.. gebe ich euch was ihr in mir sehen wollt. Ein Monster, ein Untier.. was auch immer.. " Er hob die Schultern. "Ihr wisst aber sehr wohl das ich Recht habe, dass ich längst nicht das einzige Monster bin, denn gerade in den unscheinbaren Gewändern der Normalität verbirgen sich schlimmere Monster. Ich verstecke es nicht.. andere aber schon und sie fressen langsam .. und erfolgreich.. nagen an Wurzeln und Fundamenten.. bis nur noch ein winziger Stoß genügt und das Gebilde bricht auseinander. Es ist schon öfter passiert und es wird wieder passieren." Er holte unnötig Luft und diese Erkenntnis, dass sich an dem Ablauf wohl nie was ändern wird, gibt ihm ein zufriedenen Ausdruck auf dem Gesicht.

"Sie werden euch suchen und wenn es dafür ist euch eure Fehler vorzuhalten. Euch zu maßregeln, zu tadeln und endlich die große Priesterin einmal .. wanken zu sehen. Jene lauern im Schatten darauf wartend, dass ihr einen Fehler macht. Ich.. bin eurer kleinstes Problem.. und noch.. seid ihr in einem Stück. Ihr könnt also noch überlegen, ob ihr handelt oder nicht." Er deutet auf den Tisch. "Seht ihr .. im Gegensatz zu Anderen räume ich euch wieder eine Wahl ein. Eine Chance.. zu überleben.. besser zu überleben." Ihr Körper zeigte allerdings, dass es nicht mehr lange dauern wird, bis er seine Finger in ihrem Fleisch versenken wollen wird. Vielleicht hatte sie noch einen Tag, vielleicht wenn sie sehr stark war zwei. "Was von euch übrig bleibt.. hängt von meinem Wohlwollen ab. Ob ihr das wollt oder nicht." Sie hatte schon mehr als einmal klar gemacht, dass sie nicht gedenkt einen Handeln einzugehen. Lieber sterben als leben? Wenn sie sterben würde, aber vermutlich kannte sie die Existenz die sie erwartete noch nicht.

Vielleicht...

"Ich denke ich sollte euch was zeigen.. bevor ihr glaubt ihr würdet eine Märtyrerin werden für euren Gott." Die Lippen verzogen sich zu einem Lächeln. Dieses konnte man durchaus als bösartig bezeichnen.
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Sohn seiner Lordschaft Kain und der Lady Enoia Vykos
"Es widerspricht meiner Moral, mich an eure zu halten!"
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Lorena
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#990

Beitrag: # 54355Beitrag Lorena »

In den Hallen der Legion

Die Miene der Eismagierin glich einer unleserlichen kalten Maske, kein Muskel in ihrem Gesicht sollte offenbaren, was jene dachte,
als Syndra sich ihr zuwandte. Aber falls die Erzmagierin wirklich dachte, dass Lorena irgendwas in dem Bestreben tat, falsche
Lorbeeren zu ernten, die ihr nicht zustanden oder gar jemandem imponieren zu wollen, so lag diese falsch. Für solch lächerliche
Kinkerlitzchen hatte sie noch nie etwas übriggehabt. Der Inquisitorin ging es lediglich darum klarzustellen, dass es Milas Verdienst
war, dass dem Fremden Hilfe zu Teil wurde. Den für beide Magierin galt scheinbar gleichermaßen, dass sie nicht zugegen waren,
als der Verletzte ohne großes Specktakel im Hof abgelegt wurde.


Während Syndras Gesicht ein süffisantes Lächeln zierte und diese versuchte die Eismagierin mit ihrem Gestichel zu provozieren,
wurde sie selbst immer ruhiger. Sie merkte, wie nicht nur ihre äußere Hülle erkaltete, sondern das gleiches auch für ihr Inneres galt.
Die Inquisitorin kam nicht drum herum, mental einen Schritt zurückzutreten, um sich zu fragen, ob sie Syndra beziehungsweise jene
hinter der Fassade der abgebrühten Erzmagierin wirklich jemals gekannt hatte.


Damit ihr nicht gleich im nächsten Atemzug wieder Unachtsamkeit vorgeworfen wurde, warf sie einen kurzen Blick zu dem Medicus,
welcher vollkommen in seiner Arbeit versunken schien. „Nicht nötig.“ Da der Heiler nichts gegen Syndras Ausführungen einzuwenden
hatte und sie selbst bereits offengelegt hatte in Belangen der Heilkunst nicht bewandert zu sein, ergab es keinen Sinn dies weiter zu
hinterfragen. Die Information, der stärkenden Wirkung von Wein, nahm sie dennoch kommentarlos zur Kenntnis.


In der gegenwärtigen Situation, war die Inquisitorin dazu gezwungen in alle Richtungen zu denken. Sie durfte sich nicht von
irgendwelchen Gefühlen oder Sympathien lenken lassen. Für manch einen wirkte sie dadurch vielleicht übertrieben aggressiv, überheblich,
unnahbar oder was auch immer. Bezeichnungen gab es dafür viele, von denen Lorena schon vor Jahren gelernt hatte, jene von sich abperlen
zu lassen. Ihre Art mochte für viele befremdlich sein, aber bevor sich jemand dazu anmaßte darüber zu urteilen, sollte er sich vielleicht
auch mal Gedanken machen, warum sie so handelte.


Dahingegen fand Lorena es jedoch faszinierend, dass man offensichtlich eine Attitüde an seinem Gegenüber verurteilen konnte, im selben
Atemzug jedoch keinerlei Skrupel an den Tag legte, ein selbes Verhalten an den Tag zu legen. Aber wenigstens bekam sie die Zähne
auseinander, um ihren Unmut kundzutun. „Ich bitte dich.“ Mit einer abtuenden Geste richtete sie ihr Augenmerk wieder auf ihre
Gildenschwester.


„Du denkst wirklich, dass ich die verurteile, nur weil deine Partnerwahl fragwürdig ist?“ Tief atmete Lorena durch, bevor sie sich dieser
abstrusen Theorie stellte. „Definierst du dich wirklich über den Mann an deiner Seite? Wie enttäuschend.“ Leicht nur schüttelte sie
ihren Kopf. „Du wünscht dir Ehrlichkeit? Bitte. Ich kann aktuell weder dich noch deine Loyalität deuten. Generell habe ich keinerlei
Zweifel an deinem starken Willen und deiner Treue zu Ogrimar. Aber machen wir uns nichts vor, bei der momentanen Lage bist du ein
entscheidendes Bindeglied.“


Dies war anscheinend ein Gespräch, welches lange überflüssig war, daher stellte Lorena sicher, dass sie die Aufmerksamkeit der
Erzmagierin hatte, bevor sie weitersprach. „Zum jetztigen Zeitpunkt gibt es viele Spekulationen, du bist selbst mächtig die
Anschuldigungen an den Stadtmauern zu lesen und weißt, welche Vorwürfe im Raum stehen. Zudem wurden sie nicht von Unbekannten
Personen ausgesprochen, die vielleicht nur nach Aufmerksamkeit suchen. Es ist also meine Aufgabe, herauszufinden was wahr ist oder
eben auch nicht.“


Für nur wenige Lidschläge flackerte so etwas wie Enttäuschung über die Gesichtszüge der Inquisitorin. „Aber unabhängig von dem, was
Naheniel getan hat oder eben auch nicht, kann ich dir nur nahelegen dich selbst zu fragen wer du bist oder besser gesagt zu wem du
gerade wirst.“
Sie selbst hatte seiner Zeit ihr Vertrauen ebenfalls in eine falsche Person gesetzt, sich aber trotzt aller Widrigkeiten
dagegen aufgelehnt sich von ihrer Gilde und ihren Freunden isolieren zu lassen.


Der Hauch von Emotionen war jedoch vollkommen aus dem Gesicht der Eismagierin verschwunden, als sie ihren Blick erneut zu dem
Verletzen und den Medicus warf.  Ob Syndra ihn überhaupt bemerkt hatte, war ihr nicht klar, da diese inzwischen mit dem bekleiden
ihrer Halbschwester beschäftigt war „Sollte er noch dazu in der Lage sein, zu sprechen wird auch seine Stimme Gehör finden.“


Sie würde Syndra nicht versuchen aufzuhalten, es oblag ihr selbst wie sie sich positionieren, was sie hinterfragen und wie sie sich
letztendlich entscheiden würde. „Ich schätze, wir sehen uns beim Tribunal.“ Mit diesen Worten wand sie ihrer Gildenschwester den Rücken
zu und fokussierte einen der Stallburschen, die um den Medicus und den Fremden herum Wache standen. „Sollte er es schaffen, bringt ihn
vorerst in eines der Gästezimmer und informiert mich. Stellt aber dennoch sicher ihn derweil nicht alleine zu lassen, solange wir nicht wissen
was hier vor sich geht.“


Nach einem abschließenden Blick durch den Raum, indem sich die Magierin selbst versicherte nichts vergessen zu haben, schickte sie sich
selbst an die große Halle nun zu verlassen, um ihren Verpflichtungen nachzugehen, hoffte sie doch trotz Syndras Worten darauf, dass die
Priesterin inzwischen auf dem Heimweg war oder sie zumindest Adrian noch vor dem Tribunal antreffen würde.

 

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~ Großinquisitorin der dunklen Kirche~
~ Mitglied der Familie Zar ~



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Kenna de Vil
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#991

Beitrag: # 54358Beitrag Kenna de Vil »

Zum ersten Mal, seit man sie verschleppt hatte, war die Jägerin herunter gekommen ins Erdgeschoss der Hallen ihrer Gilde. Noch immer geschwächt war sie lediglich bis zum Kaminzimmer gegangen und hatte sich dort in einem der Ohrensessel niedergelassen. Ein nächster Schritt in Richtung ihrer Genesung. Angetrieben von der steigenden Rastlosigkeit, die in ihrem Inneren herangereift war, als sie zur Bettruhe gezwungen gewesen war. Ein Zustand, der ihr so dermaßen fern lag, dass es an Folter grenzte. Viel zu lange hatte sie ein Fieber ans Bett gefesselt und ihr beinahe real erscheinende Träume beschert. Träume, deren Bedeutung sie noch ergründen würde.

Allzu lange war Kenna nicht allein geblieben und Lorena hatte sie mit ihrer kühlen Erscheinung aus ihren Gedanken in die Gegenwart zurückgeholt.
Ein intensives Gespräch entspann sich zwischen den beiden Frauen, die ihre Freundschaft eigentlich lange Zeit zuvor begraben hatten.
Hatte sich ihre Beziehung zueinander zuletzt eher auf dünnem Eis bewegt und war von gegenseitigem Misstrauen geprägt gewesen.
Ungewohnt ruhig verlief daher der Abend. Vielleicht war dies auch schlichtweg den Umständen geschuldet, durch welche sie sich wiedersahen - oder folgten die beiden nur einem stummen Waffenstillstand, um in Anbetracht der gegenwärtigen Situation zusammenzustehen? Bloß um bei nächster Gelegenheit einander wieder die Augen auszukratzen? Das würde die Zeit zeigen.
Doch war es für die Belange der Gilde unumgänglich, dass sie die vorliegenden Informationen austauschten und allen Vorkommnissen zum Trotz, einander einen Vertrauensvorschuss gewährten.

Als die Nacht bereits ihr dunkles Tuch über die Welt ausgebreitet hatte und die Wärme des Feuers deutlich abnahm, verließen die beiden das Kaminzimmer. Die Bognerin folgte der Eismagierin hinaus auf den Flur, wo sich ihre Wege trennen sollten.

Als Lorena außer Hörweite war, wandte sie sich zur Treppe. Wie ein unüberwindbarer Berg, schienen sich die Stufen vor ihr aufzutürmen. Ein Hindernis, über welches man im Normalfalle nicht einmal nachgedacht hätte. Doch der Knochen ihres Oberschenkels schmerzte, bei jeder noch so kleinen Belastung. Die Jägerin biss die Zähne aufeinander, so dass die Kiefermuskeln in ihrem Gesicht deutlich hervortraten. Mit einer Hand raffte sie das unpraktische Kleid hoch und mit der anderen stützte sie sich an der Wand ab, auf diese Weise drückte sie sich Stufe um Stufe nach oben, zog dann das rechte Bein nach, um es zu schonen.
Endlich oben angekommen, war sie froh niemandem begegnet zu sein. Sie hasste diese körperliche Schwäche und würde alles daransetzen, schnellstens zur alten Stärke zurückzufinden. Egal wie viel es ihr abverlangen mochte.
Von der Anstrengung war ihr warm geworden und sie schwitzte leicht, trotz der zu groß geratenen luftigen grauen Robe, die man ihr hingelegt hatte, da ihre sonst übliche Lederkluft zerstört worden war.
Außer am Tag ihrer Taufe hatte sie nie ein Kleid getragen und sie fühlte sich jetzt auch nicht sehr wohl darin.


Nach einer kurzen Verschnaufpause am Treppenabsatz, setzte sie ihren Weg fort und betrat schließlich Adrians Gemächer, die sie seit geraumer Zeit mit jenem teilte. Mit einer Selbstverständlichkeit öffnete sie die Tür, schlüpfte ins Zimmer und verschloss sie nahezu in einer einzigen fließenden Bewegung wieder hinter sich. Dann lehnte sie sich rücklings mit geschlossenen Augen gegen das massive Holz, so dass ihre langen Wimpern dunkle Halbmonde in ihr bleiches Gesicht zeichneten. Geschafft! Es war ein Anfang.

Das Zwielicht des Raumes umfing sie sanft und bot ihr jene Sicherheit und Schutz, sich nicht verstellen zu müssen. Doch noch während sie dort lehnte, um ihren Puls zu beruhigen und abzuwarten, bis das Zittern in ihrem Bein nachließ, spürte sie, dass sie nicht allein war. Unvermittelt schlug sie die Augen auf, während sich ihr Körper erneut anspannte. Denn Adrian war es nicht, dessen Präsenz sie dort wahrnahm. Wer würde es also wagen….          „Liadan.“ Atmete Kenna hörbar erleichtert aus und entspannte ihre Schultern sichtlich, als sie die Frau erkannte, welche ihr das ein oder andere Mal im dunklen Hörsaal begegnet war. Im Augenwinkel registrierte sie zwei Gläser. Sie musste Adrian also nur knapp verpasst haben.

Ein freundlicher und zugleich fragender Ausdruck legte sich auf ihr Gesicht. „Was für eine Überraschung Euch hier zu sehen. Ist irgendetwas mit Verlion?“ Die Jägerin sprach ohne Umschweife die erste und naheliegendste Vermutung aus, die ihr in den Sinn kam.
 
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Dem Einen gehorche ich. Dem Einen folge ich. Dem Einen diene ich.
Doch Dir, Dir gehöre ich.
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Liadan Al Saher
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#992

Beitrag: # 54361Beitrag Liadan Al Saher »

"Achte auf sie und auf dich." Es war so leicht gesagt, aber so schwer umgesetzt. Im Gegensatz zu vielen anderen, mochte sie Nymeria, hatte sogar eine gewisse Schwäche für das immer schweigende, niemals lachende oder weinende kleine Kind. Andere empfanden sie als gruselig und sonderbar. Was aber mit großer Sicherheit einfach nur darauf basierte, dass sich niemand die Mühe machte, sich mit ihr zu beschäftigen. Das war aber sehr schade, denn ein schweigendes Kind sprach manchmal sehr viel mehr, als eines, das ständig brüllte. Wie aber sollte sie diesen dicken Knödel an Problemen, der da plötzlich auf sie zurollte, lösen, ohne dabei Nymeria zu gefährden? 

Auch wenn es löblich war, dass Adrian ihr so viel Vertrauen schenkte, wusste sie, dass er es bestimmt nicht guthieß, wenn sie das Mädchen auf einen nicht besonders kindgerechten Ausflug mitnahm. Auf der anderen Seite: Sie musste schließlich auch wortlos akzeptieren, dass Adrian wiedermal alleine aufbrach. Liadan zweifelte nicht an seinen Fähigkeiten, aber letztlich war auch er nur ein Mann, wenn auch ein sehr außergewöhnlicher. Was, wenn er den falschen Weg einschlug, sich verrannte oder sich, völlig untypisch aber doch möglich, zu einer unüberlegten Handlung verleiten ließ? Tief in sich verspürte sie das Bedürfnis, ihn gleich nochmal zu ohrfeigen. Schon alleine für seine sie völlig entwaffnenden Worte, mit denen sie gar nicht gerechnet hatte. Konnte er sich nicht einfach mit ihr streiten, so wie auch Verlion es tat? Nein, er gab ihr recht. Damit kam sie gerade überhaupt nicht zurecht. 

Sie strich sich über ihren Kiefer, an dem zuvor noch Adrians Hand mahnend verweilt war. Kopfschüttelnd atmete sie tief ein und sogleich wieder aus. Was hatte sie sich da nur eingebrockt mit dieser Familie? Ein Schmunzeln zeichnete sich auf ihren Lippen ab und stumm gab sie für sich zu, dass es für sie das Beste war, was ihr das Leben gegeben hatte. 

Das schlechte Gewissen, das jetzt, da sie wieder alleine war, langsam in ihr hinaufkroch, verscheuchte aber das Lächeln, obwohl sie versuchte es mit sich selbst beruhigenden Worten zu dämpfen. "Er verrät mir schließlich auch nicht alles…" Murmelte sie leise und warf ihren Blick auf das Bücherregal an der Wand. Alle drei, Verlion, Adrian und sie, waren damals den Pakt mit dem Bischof eingegangen. Ihre Unterschriften prangten auf den Pergamenten, von denen sie alle eine Abschrift besaßen. Ein Vertrag, eingegangen, besiegelt und bindend. Deshalb war es ihr nicht möglich, die Schuld einfach so einzulösen, denn sie mussten alle ihren Teil beitragen. Adrian hatte damals den größten Anteil übernommen. Alles für die Familie… Dieser Hornochse… 

Wenn sie sein Stück von dem Pergament fand und es an sich nahm, um es mit ihrem und Verlions zu vereinen, bestand vielleicht die Möglichkeit, dass sie die Schuld der Brüder übernahm. Zwar löste zwar nicht ihre eigenen Probleme, sondern vergrößerte diese, aber wenigstens waren die beiden dann aus der Verantwortung. Wenn der Bischof Liadan tatsächlich zurückholte und sie den Vertrag und die Konsequenz aufgrund der Nichteinhaltung des Abkommens übernahm, konnte der alte Mann wenigstens keine Forderungen mehr an Verlion und Adrian stellen.
 
Nach ihrer momentanen Logik, mit der sie verzweifelt versuchte, diese Sache von den einzigen Männern fernzuhalten, die sie aus tiefstem Herzen liebte, konnten sie ihr dafür schwerlich Vorwürfe machen. Adrian wäre vielleicht etwas verstimmt, aber wann war er das nicht? Nun da Krieg zwischen ihrem Erschaffer und ihrem Schwager ausgerufen war, machte es ihre Lage nur umso verzwickter.

Sie kannte Naheniel. Sie kannte ihn gut. Zu gut leider. Und genau deshalb wusste sie, dass er Nichts ungestraft entkommen ließ. Der Bischof hatte die Sanduhr gedreht und damit begonnen, ihre Fesseln wieder neu zu schmieden. Etwas neu zu schaffen in dieser verdorbenen Welt, weckte immer den Schöpfer. Wenn Naheniel herausfand, was Adrian und Verlion damals für sie taten und wie sie seine Gesetze umgingen … Liadan schluckte und pustete die Luft aus ihren Lungen geräuschvoll zwischen ihren Lippen hervor.
"Das ist doch alles ganz große Feenschnuckenkacke…" Es half nichts, sie musste einfach schneller sein. 


Immer noch war ihr Blick fixiert auf das Bücherregal, als sie aus ihren Gedanken gerissen wurde. Verdutzt drehte sie sich herum, war es schließlich gar nicht üblich, dass einfach ohne anzuklopfen in fremde Zimmer marschiert wurde. "Oh… " Liadan lächelte freundlich und bemühte sich, ihre Verwirrung zu verbergen. "Ich grüße Euch Kenna, schön Euch wiederzusehen." Ihr Blick schweifte über die Bognerin, die sichtlich angeschlagen wirkte. Bisher hatte Liadan Kenna als widerstandsfähig und äußerst geschickt im Umgang mit ihrem Bogen wahrgenommen. Doch jetzt, in einer Robe, die nicht zu Kenna passen wollte und mit dem blassen, verschwitzten Gesicht, wirkte diese unerwartet verletzt und mitgenommen. Was ihr wohl zugestoßen war?

"Mit Verlion ist alles in Ordnung." Solange sie nichts Gegenteiliges erfuhr, musste sie bei ihrem Mann davon ausgehen, dass dies der Fall war, auch wenn er sich oft genug mit seinem Charme in Schwierigkeiten brachte. "Seid Ihr wegen Adrian hier?" Was für eine blöde Frage, weshalb sollte Kenna sonst da sein? "Er ist vor Kurzem erst gegangen." Wenig aussagekräftig, das musste sie sich selbst eingestehen. Aber irgendwie machte alles von Minute zu Minute weniger Sinn. Sie legte ihren Kopf in die Schräge und sah Kenna hilfsbereit entgegen. "Kann ich Euch vielleicht irgendwie unterstützen?"


 
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***  Eheweib des Verlion Al Saher *** 

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Mein Bogen für die Schatten.
Mein Blut für die Familie.
Mein Leben einzig für Ogrimar! 
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-Freya-
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#993

Beitrag: # 54362Beitrag -Freya- »

Die Momente der Stille dehnten sich wie eine unendliche Ewigkeit für Freya aus, während sie gegen ihre aufwallenden Gefühle ankämpfte. Wahrhaftig war sie sich noch nie zuvor so nackt und verloren vorgekommen. Der einzige Trost, der ihr in diesem Augenblick blieb, waren Millas Worte und der Glaube daran, dass der einzige Herr, dem sie diente, ihr einen Ausweg zeigen würde, wenn sie sich dieser Prüfung stellte und sie bestand. Ein schwacher Halt, doch Millas warmer Blick milderte für einen flüchtigen Moment die Einsamkeit des Mädchens.

Jedoch, bevor Freya leise ihre Worte des Dankes, die ihr noch immer auf der Zunge lagen, über die Lippen bringen konnte, durchbrach das Herunterdrücken der Klinke die schwerwiegende Ruhe, die den Raum eingenommen hatte. Scharf sog das Mädchen die Luft ein, nur um den Luftstrom zittrig wieder über ihre Lippe zu entlassen, als die Tür sich öffnete und die Präsenz der Gräfin sogleich den Raum mit erdrückender Überlegenheit erfüllte.

Unmittelbar konnte Freya spüren, wie die Präsenz der Gräfin von ihr Besitz ergreifen wollte, während die Gräfin mit jedem Herzschlag näherkam und sich ihr Schatten über sie legte. Eine eisige Berührung, die sich körperlos an ihren Geist haften wollte und in einem kühlen Schauer über ihren Körper hinwegwanderte, sodass das Mädchen es vermied ihren Blick anzuheben, um ihre Unsicherheit nicht zu offenbaren. Bemüht fixierte sie einen unbedeutenden Punkt auf dem Boden, etwas, auf das sie sich konzentrieren konnte, während sie ihre Hände ausgestreckt ließ und sich bemühte ihren zittrigen Atem zu kontrollieren.

Als jene sich Milla widmete und harsch nach ihr griff, blinzelte das Mädchen nur im Augenwinkel zu ihr hinauf. So grob und fordernd, als würde sie die Schuld für diesen unübersehbaren Makel selbst tragen. Für jenen Preis, den sie bezahlt hatte.

Schluckend holte sie nach Atem, konnte Freya die Demütigung der jungen Frau beinahe am eigenen Leib spüren. Es tat ihr so unaussprechlich leid. Doch, anstatt dass Milla sich erklärte, der Verletzung die Schuld gab oder gar ihr selbst, schien sie sich bereitwillig zu fügen, als die Gräfin sie maßregelnd in die Küche schickte, als wäre nur sie allein verantwortlich dafür.

Es war ein unheilvolles, Gefühl, als Milla den Forderungen der Gräfin bedingungslos folgte und den Raum verließ, so dass Freya allein mit der Gräfin zurückblieb. Die Einsamkeit verstärkte den Knoten in ihrem Magen und sie spürte, wie die Unsicherheit in ihr weiter zu wachsen begann. Sie war ihr schutzlos ausgeliefert. Ihrem Wohlwollen oder Missmut, wobei letzteres deutlich schnell erreicht werden konnte.

Freya nahm einen Atemzug, als der Schatten der Frau sich ihr zuwandte. Ungewollt sahen ihre großen Augen durch ihre Wimpern hindurch zu ihr hinauf, ohne ihre Hände zu senken.

Allein mit der Gräfin fühlte sich Freya wie eine gefangene Beute, welche von einem Raubtier umkreist wurde. Sie konnte die Intensität des Blickes der Frau spüren, der unmittelbar zu ihr hinüberfuhr und sie studierte. Es war wie eine eisige Kälte, die über ihre Haut hinwegkroch und sie beinahe erstarren ließ. Der Schleier verdeckte zwar ihre stechenden Augen, aber dennoch spürte das Mädchen, wie diese sie unumwunden durchdringend betrachtete.

Unsicher benetzte Freya ihre Lippen, während sie spürte, wie ihre Hände ihr nicht gehorchen wollten. Auch wenn sie sich zwang, konnte sie das leichte Beben nicht unterdrücken, als die Gräfin ihre Haare zurückschob. Kitzelnd strichen die Strähnen über ihre Schultern hinweg, bis scheinbar nichts mehr dem kalten Blick verborgen blieb.

Es war mehr als ein befremdliches, beklemmendes Gefühl. Eine Mischung aus Scham und Verletzlichkeit, aber auch Wut und Angst, während die Augen der Gräfin beurteilend ihre Blöße betrachteten. Eine Begutachtung, als wäre sie ein Ferkel oder eine Zuchtstute. Ob die ausgesprochenen Worte oder die Blicke dabei Freya mehr trafen und sie schwer schlucken ließen, wusste das Mädchen selbst nicht. Sie wusste nur, dass sie dies irgendwie erdulden und sich den Umständen fügen musste. Eine andere Wahl blieb ihr nicht.

Als wäre sie in einem Dämmerschlaf, bemühte Freya sich darum, es über sich ergehen zu lassen. So als zöge alles nur an ihr vorüber, ohne dass sie selbst viel Einfluss darauf nehmen konnte, so als wäre es ein Traum, bei dem sie ihren Geist freiließ.

Tief atmete sie ein und schloss ihre Augen, während ihre Hände sich unter der Geste der Gräfin mit den Handflächen nach oben wandten. Unbedeckt von schützendem Stoff, sodass das Mal an ihrem Handgelenk sich deutlich von der blassen Haut abzeichnen sollte, als Freya diese in einer schwebenden Bewegung herumdrehte, ohne darüber nachzudenken.

„Ja…“ Kurz nur stockte sie und fuhr sich über die Lippen, ehe sie weitersprach. „Herrin.“

Auch wenn Akzeptanz der einzige Weg war, so würde sie in keiner Form in ihrem Eid gegenüber untreu werden. Die Rolle anzunehmen war eines. Mit keiner Faser würde sie jedoch leugnen, wer sie war und wem ihr Leben, ihr Geist und ihre Seele gehörte, auch wenn es den Unmut der Gräfin auf sie ziehen würde. 

„Es ist richtig, ich bin eine Adeptin, eine Schülerin und Dienerin der Kirche des dunklen Schöpfers.“ Erwiderte sie leise, um das Beben in ihrer Stimme zurückhalten zu können.   „Man lehrte mich, ein Leben nach seinen Geboten und heiligen Schriften, um seinem Willen zu dienen, Herrin.“
Bild

♦ Stolze Tochter ihres Ziehpapas Ninian Chakai & ihrer Ziehmutter Caidith Chakai ♦
♦ Kleiner Keks ihrer großen Ziehschwestern Mahaba, Namayah, Lysiana & ihres möglicherweise fiesen Ziehbruders Liam Chakai ♦
Adeptin der dunklen Kirche Ogrimars unter ihrer Mentorin Tanuri 


Geboren aus dem Wissen einer dunkler Vergangenheit - verblaßt mein altes Leben im Schatten einer neuen Zeit
Fühlst Du die Macht? Kannst Du sie spüren?
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